Donnerstag, 18. November 2010

69. Finisterre und Muxia

Meine Reise nach Santiago stand unter einem sehr guten Stern. Und das
Glück hat mich auch hier in Santiago nicht verlassen. Joss hat Besuch
mit dem Auto von Belgien erhalten. Mit diesem Ehepaar durften Johan
und ich nach Finisterre und Muxia mitfahren. In Finisterra war ich ja
schon zweimal. Vielleicht deshalb hat mich Muxia so berührt. Muxia ist
die Alternative zu Finisterre. Der Ort liegt ca. 30 km von Finisterre
entfernt, befindet sich auch direkt am Meer. Trotzdem lassen sich
diese Orte schlecht miteinander vergleichen. Das Besondere an Murxia
ist, das direkt am Meer eine schlichte, schöne Kirche steht. Die
Kirche wurde auf den Felsen gebaut. Rund um die Kirche liegen weitere
Felsen und grosse Steinbrocken, die von brausenden Meereswellen
umspült werden. Ein beeindrckendes Schauspiel... Und diese
Naturgewalten scheinen dieser Kirche nichts anhaben zu können. Im
Gegenteil: die Kirche steht selber wie ein Fels in der Brandung.
Dieses Bild hat mich tief beeindruckt. Solche starken Orte mit
grosser, natürlicher Ausstrahlung sind sehr selten. Ein wunderbares
(letztes) Abschiedsgeschenk von meiner Reise.
Der Abschied von meinen beiden Pilgerfreunden Joss und Johan steht mir
noch bevor. Auch an sie werde ich mich immer wieder erinnern.

Dienstag, 16. November 2010

68. Angekommen - Ultreïa!!

Nach genau drei Monaten bin ich heute noch einmal in meinem geliebten
Santiago angekommen. Ich sitze frisch geduscht, aber in den gleichen
Kleidern in meinem Stammcafé bei einer Torta de Santiago und einem
heissen Café. Die Compostela habe ich bereits dankbar in Empfang
genommen. Mit meinen beiden Freunden aus Schweden und Belgien werde
ich heute Abend essen gehen und morgen natürlich die Pilgermesse
besuchen.
Im Moment fehlen mir die Worte um mehr zu schreiben. Wahrscheinlich
ist es auch nicht nötig.
Fünf Stunden später: Wir haben das Leben gefeiert und viel gegessen
und getrunken. Meeresfrüchte aller Art, Weine erster Güte plus
Champagner. Alles, was man sich nur wünschen konnte. So gut habe ich
hier noch nie gegessen. Ja, Santiago sättigt nicht nur die Seele....

Sonntag, 14. November 2010

67. Letzte Nacht in einer Albergue

Seit ich das letzte Mal auf dem Camino war, sind viele neue, private
Herbergen eröffnet worden. Diese Nacht verbringen wir einmal mehr in
einer solchen privaten Albergue. Sie sind i.d.R. doppelt so teuer wie
die öffentlichen Herbergen (10 €). Sie bieten aber all das, was man
in der öffentlichen Herberge häufig vermisst: genügend Platz,
einwandfrei funktionierende sanitäre Anlagen, gute Heizung und eine
professionelle Gestaltung der Einrichtung. Man schläft genauso in
Kajütenbetten, aber die Ambiance ist besser. Die heutige Herberge ist
eine richtige Luxeseherberge. Jedes Detail stimmt und sie wirkt fast
etwas vornehm. Ich verstehe, dass immer mehr Pilger den privaten
Herberben den Vorzug geben. Entweder modernisieren sich die
öffentlichen Herbergen, oder sie werden immer mehr gemieden. Da spielt
der Markt. Die öffentlichen Herbergen haben eine ernst zu nehmende
Konkurrenz erhalten. Hoffentlich nehmen sie diese Herausforderung an.
Was soll's? Morgen komme ich in Santiago an. Dann kann mir auch eine
private Herberge gestohlen bleiben. Ein richtiges Hotel muss es sein!

Samstag, 13. November 2010

66. Arzua

Dieses Jahr sind besonders viele "Lightpilger" unterwegs, welche die
letzten 100 km ab Sarria zu Fuss bis Santiago gehen. Man erkennt sie
sofort. In der Regel tauchen sie in Gruppen auf und tragen keinen oder
nur einen kleinen Tagesrucksack. Natürlich hat man spontan das
Gefühl, das seien keine "echten" Pilger, aber wer kann schon sagen,
was echte und falsche Pilger sind. Sind wir nicht alle Pilger auf
dieser Erde? Ich mag es den "Lightpilgern" jedenfalls herzlich gönnen,
wenn sie in zwei Tagen wie ich die Compostela (so etwas wie ein
Pilgerdiplom) in Santiago erhalten.

Freitag, 12. November 2010

65. Wenn es im Kopf nicht mehr stimmt

Heute habe ich bis Palas de Rei die letzte längere Etappe (28 km)
zurückgelegt. Der Tag wollte und wollte nicht enden, weil ich diese
Etappe einfach hinter mich bringen wollte. Joss ist es ähnlich
ergangen. Zum Glück ist mir das bis anhin noch nie passiert. Ein
untrügerisches Zeichen dafür, dass ich mich sehne, endlich in
Santiago anzukommen. (Die letzten drei Etappen werden nur noch ca. 20
km lang sein.) Die letzten Tage waren halt doch ziemlich streng, zumal
auch das Wetter sehr unberechenbar war. Manchmal merkt man dies erst
im Nachhinein. Ja, "toutes est dans la tête!" (Henri Jarnier)

Donnerstag, 11. November 2010

64. Portomarin

Es ist zu spät um viel schreiben zu können. Alle schlafen schon und
die Lichter sind gelöscht. Alles ist o.k. Gute Nacht!

Mittwoch, 10. November 2010

63. Der eigene Rhythmus

Gestern habe ich über meine Verhältnisse gelebt, d.h. ich bin mit
meinen durchnässten Schuhen zu schnell gelaufen und habe prompt einige
unangenehme Blasen a u f meinen Zehen eingefangen. Dies ist weiter
nicht schlimm, aber es wirft einen aus der Bahn. Man merkt dann, dass
etwas nicht mehr im Lot ist, man verliert die Balance, das innere
Gleichgewicht, weil man den eigenen Rhythmus nicht eingehalten hat.
Der innere Rhythmus ist etwas ganz subtiles. Erst wenn man ihn
verloren hat, merkt man, wie wichtig er ist. Heute war das Wetter
erstaunlicherweise vorübergehend besser und ich bemühte mich, das
innere Gleichgewicht wieder herzustellen. Phasenweise ist mir dies
gelungen und ab und zu dachte ich: "Es ist jetzt dann genug und Zeit,
dass ich in Santiago ankomme". In spätestens sechs Tagen ist es so
weit. Wie ich mich freue! Auf ein Hotel, auf das Fruhstück im Parador
und auf alle meine Lieben zuhause, auf meine Frau Zita, unsere drei
Kinder und meine kleine Enkelin Sophie, die mich wahrscheinlich nicht
mehr kennen wird.
Übrigens: Meine altmodischen Schollpflaster bewähren sich viel
besser, als die supermodernen Compeedpflaster, die ich in Frankreich
gekauft habe

Dienstag, 9. November 2010

62. Schnee - mal dia

Fast noch schlimmer als gestern. Es hat die ganze Nacht gestürmt und
am Morgen nach dem Frühstück begann es richtig zu schneien. Als wir
uns nach gut zwei Stunden Marsch auf einen warmen Kafi in einer warmen
Beiz auf dem Alto de Pojo freuten, wurden wir enttäuscht. Der Strom
und damit auch die Heizung war in der Bar ausgefallen. Nichts von
einem frischen Kafi, stattdessen eine gedämpfte Stimmung in der
halbdunkeln und halbwarmen Beiz. Bin durchnässt und halbverfroren in
Triacastela angekommen. Kein guter Tag. Mehrere Einheimischen sagten
es direkter "mal dia". Ja, der Jakobsweg kann auch hart sein und ans
Lebendige gehen.

Montag, 8. November 2010

61. Der Cebreiro hat es in sich

Der Cebreiro ist der letzte grosse Übergang, den die Pilger zu
überwinden haben bis sie in Galicien, dem "gelobten" Land sind. Wenn
der Cebreiro geschafft ist, dann ist man fast schon am Ziel, in
Santiago, angekommen. Wir mussten uns den Cebreiro hart verdienen. Ich
kann mich nicht übers Wetter beklagen, hatte ich doch bis anhin fast
ausschliesslich gutes Wetter. Heute aber war es ein Hundewetter. Es
hat es den ganzen Tag geregnet und geblasen. Zwei, drei Stunden sind
gut zu ertragen, aber wenn der Regen länger anhält, kann es mühsam
und schwierig werden. Mit der Zeit wird dann fast alles nass. Sowohl
Joss wie auch Johann stuften den heutigen Tag als den härtesten
während ihren ganzen Pilgerreise ein. Als Belohnung wollten wir uns
ein Hotel gönnen, aber alles war beseetzt. Mit Glück fanden wir noch
eine Privatunterkunft. Leider wird die Heizung um 23.00 Uhr
abgestellt. Wir müssen also morgen nasse Schuhe anziehen...

Sonntag, 7. November 2010

60. Pilgerboom - wie lange noch?

Ich kenne den Camino gut und doch könnte ich 10x diesen Weg gehen und
immer wieder Neues entdecken. Manchmal bin ich sehr erstaunt, wieviel
sich allein in den letzten 3 - 4 Jahren verändert hat. Vor allem wurde
viel gebaut, auch neue Hostales und Herbergen für Pilger, die sich
jetzt gegenseitig konkurrenzieren. Insgesamt hat der Camino in den
Dörfern und Städten, wo er vorbei führt, einen grossen
Wachstumsschub ausgelöst. Alle wollen jetzt an den Pilgern etwas
verdienen. Wie lange dieser Boom wohl anhält? Dieses Jahr - im
Heiligen Jahr - sind 10 - 20 % weniger Pilger nach Spanien gekommen
als letztes Jahr. Vielleicht haben viele gedacht, in Spanien hat es in
diesem Jahr sowieso zu viele Pilger und sind auf andere Länder
ausgewichen. Unsere Herberge in Rapperswil wurde dieses Jahr von
besonders vielen Pilger aufgesucht. Das würde diese Theorie bestätgen.
Meine Theorie: Der Pilgerboom wird anhalten, weil immer mehr Menschen
spüren, dass Pilgern ihnen gut tut, aber es wird eine Verlagerung
geben zu andern Pilgerwegen in andern Ländern. (notiert in Villafranca
del Bierzo)

Samstag, 6. November 2010

59. Weggemeinschaft

Es sieht so aus, dass wir zu dritt gemeinsam in ca. 10 Tagen in
Santiago ankommen werden. Der eine heisst Johann und kommt aus
Schweden. Er ist 54-jähriger Reiseunternehmer und hat vor seiner
Pilgerreise einige seiner Firmen verkauft. Er logiert immer in kleinen
Hostals. Joss ist frisch pensionierter Agronomieingenieur aus Belgien.
Er ist wie ich bald drei Monate unterwegs. Weggemeinschaften bilden
sich zufällig auf dem Camino, wenn man längere Zeit auf den gleichen
Etappen unterwegs ist. Am Anfang trifft man sich zufällig mehrmals,
dann trifft man sich bei einem Nachtessen und irgendwann ist es
einfach klar, dass man miteinander essen geht. Es ist schön, wenn sich
so neue Freundschaften bilden, ohne dass die eigene Autonomie
verloren geht. Mit der Zeit weiss man sehr viel voneinander und die
gegenseitige Rücksichtsnahme und Hilfe nimmt zu. Bin gespannt, ob und
wie wir drei gemeinsam in Santiago ankommen und ob diese
Freundschaften über den Camino hinaus Bestand haben werden. (notiert
in Molinaseco)

Freitag, 5. November 2010

58. Rabanal del Camino

Vor zwölf Jahren hat sich hier eine kleine Benediktinergemeinschaft
aus St. Odilien niedergelassen. Neben der alten,
renovationsbedürftigen Dorfkirche haben sie ihr kleines Klösterli
inkl. einem kleinen Klosterladen gebaut. Das Kloster nennt sich San
Salvador del Monte Irago. Die Dorfkirche ist jetzt zugleich
Klosterkirche. Mich beeindruckt, dass die Kirche an einem wichtigen
Ort des Caminos präsent ist und eine alte, fast baufällige Kirche von
innen her neu belebt wurde. Täglich um sieben Uhr wird eine Messe
gefeiert. Die heutige Messe hat mich sehr berührt, vielleicht gerade
deshalb, weil das Kircheninnere in einem desolaten Zustand ist und die
Atmosphäre in der vollen Kirche so warm, lebendig und echt war. Die
Hälfte der Besucher waren Einheimische. Eine weitere Sternstunde auf
dem Camino.

Donnerstag, 4. November 2010

57. Museo de los Caminos in Astorga

Der Bischofspalast von Gaudí in Astorga beherbergt ein kleines nicht
besonders gut gestaltetes Museum, das ich immer besuche, wenn ich hier
bin. Eine Reihe von schönen Jakobsfiguren werden hier ausgestellt, die
ich immer gern fotografiert hätte. Diesmal ist mir dies trotz
Fotoverbot gelungen. Es gibt noch einen weiteren Grund, weshalb ich
dieses Museum wiederholt besuche: Das Original des Cruz de Ferro wird
hier aufbewahrt. Ein ganz besonderes Kreuz!
Jeder Mensch trägt Bilder in sich, die ihm mehr oder weniger viel
bedeuten. Die positiven Bilder, die man tief drinnen gespeichert hat,
sind für die Psychologie Ressourcenbilder. Für mich ist das Cruz de
Ferro ein solches Bild. Das schönste Kreuz, das ich je gesehen habe.
Es ist ein sehr einfaches, eher kleines Eisenkreuz, das oben auf einer
ca. 6 m hohen, nicht ganz geraden Stange angebracht wurde. Die Stange
steht inmitten eines grossen Steinhaufens auf dem Rabanalpass (den ich
übermorgen passieren werde). Leider wurde diese alte Stange vor ca. 10
Jahren böswillig abgesägt. Die Verantwortlichen haben nun einen
dicken geometrischen Holzpfahl mit einem Eisenkern als Ersatz
eingesetzt und damit dem Cruz de Ferro seine Leichtigkeit genommen.
Anders gesagt: Mein gespeichertes Bild passt nicht mehr mit dem
heutigen Zustand des Cruz de Ferro überein. Ich will aber mein altes
Bild behalten. Im Museum sehe ich wenigstens das Original des Kreuzes.
Wie viele tausend haben in den vergangenen Jahrhunderten am Fusse
dieses Kreuzes auf dem Steinhaufen einen Stein für ihre Sorgen und
Nöte hingelegt?

Mittwoch, 3. November 2010

56. San Martin

Meine Erkältung ist nicht mehr schlimm und die mühsamen, langweiligen
Etappen sind zum Glück vorbei.
Heute ging es in der (ungeheizten) Herberge sehr weltlich zu und her.
Wir haben den Match Real Madrid gegen Milano im Fernsehen angeschaut.
Es ist unglaublich, welch grossen Stellenwert der Fussball in Spanien
hat. Meine Begeisterung für das Tschutten hält sich in Grenzen. Die
2. Halbzeit verbrachte ich im Bett.

Dienstag, 2. November 2010

55. LEÓN

Bin fest verkältet und halb krank. Trotzdem mit Joss aus Belgien und
Johann aus Schweden gut Znacht gegessen... mit viel Wein.

Montag, 1. November 2010

54. In Mansilla de las Mullas

Zwischen Sahagun un Mansilla - auf einer ziemlich geraden Strecke von
ca. 50 km Länge - wurde vor etwa zehn Jahren neben einer wenig
befahrenen Strasse ein spezieller Pilgerweg errichtet, der von ca.
5000 Platanen gesäumt wird. Ich weiss noch, wie ich mich einst
darüber geärgert habe, weil ich der Ansicht war, man sollte der
Meseta nicht ihre Kargheit nehmen. Die Bäume seien ein Fremdkörper in
dieser Landschaft. In der Zwischenzeit sind die Bäume zum Teil schon
recht grosse Schattenspender geworden und fügen sich gut in die
Landschft ein. Trotzdem ist die ganze Strecke sehr langweilig.
Stunden-, ja tagelang von Baum zu Baum zu gehen, ist nicht sehr
lustig. Morgen bin ich in León. Der Weg wieder natürlicher und
abwechslungsreicher. Und in zwei Wochen bin ich in Santiago. Ultreïa!

Sonntag, 31. Oktober 2010

53. Freud und Leid

Freud und Leid liegen oft nahe beieinander. Heute haben mich
Nachrichten von zuhause erreicht. Gute und schlechte. Die freudige
Nachricht: Ein 70-jähriger Witwer aus unserem Freundeskreis hat eine
neue Lebenspartnerin gefunden. Ich gönne es ihm von Herzen. Die
schlechten Botschaften, auch von heute: Ein guter Freund, der mit mir
auf dem Jakobsweg war, ist in eine schwere psychische Krise gestürzt
und mein Schwager liegt mit einer Hinblutung auf der Intensivstation.
Zum Glück sind Gedanken und Gefühle, positive und negative, sehr
wechselhaft, flüchtig und verändern sich in der Regel in kuzer Zeit.
Also tun wir gut daran, unsere guten und schlechten Gedanken
wahrzunehmen und Mitgefühl zu entwickeln, aber sie nicht all zu
wichtig zu nehmen. Todo se pasa (Alles geht vorüber) hat die heilige
Teresa von Avila kurz und bündig zu diesem Thema gesagt.
(notiert in der Herberge von Bercianos)

Samstag, 30. Oktober 2010

52. Nochmals Regen und viel Wind

Von Carrión de los Condes bis Calzadilla de la Cueza sind es 17 km.
Die Kiesstrasse, die diese beiden Orte verbindet, ist schnurgerade.
Vier Stunden bei Regen und festem Wind diese Strecke zurück zu legen,
ist auch für einen angefressenen Pilger kein Vergnügen, sondern
mühsame Arbeit. Das sind diese Durststrecken auf dem Camio, die
niemanden erspart bleiben. Jetzt, wo ich in der geheizten Beiz in
Terradillos de los Templarios sitze, bin ich erleichtert, diese Etappe
heil und ganz überstanden zu haben. Der Camino ist eben kein
Spaziergang, sondern ab und zu auch ein Leidensweg. Wahrscheinlich
gibt es keine tiefen Glücksgefühle ohne dass man auch gelitten hat.
Auf dem Camino ist beides nahe beieinander, aber die Glücksgefühle
sind bei mir wesentlich häufiger.

Freitag, 29. Oktober 2010

51. Regen in Carrion de los Condes

Eigentlich wollte ich heute etwas vom schlechten Wetter und den
leidenden Pilgern schreiben, aber die drei Augustinerschwestern haben
in der Herberge eine so eindrückliche Andacht gehalten, dass ich
lieber hier den Text wiedergebe, der im Zentrum der kurzen Andacht
stand:
Niemand ging gestern,
Niemand geht heute,
Niemand wird morgen
gehen zu Gott
auf demselben Weg,
den ich gehe.
Gott hat immer für jeden
Menschen einen neuen
Sonnenstrahl
und einen neuen Weg.
(León Felipe)
Am Schluss der Andacht, segnete die Oberin jeden Pilger. Sie machte
jedem und jeder ein Kreuz auf die Stirne und legte ihm/ihr die Hände
auf den Kopf. Für mich ein schönes Beispiel, wie in einer offenen Art
glaubwürdig christliches Zeugnis abgelegt werden kann, ohne
missionarisch zu wirken.

Donnerstag, 28. Oktober 2010

50. Boadilla del Camino

Manchmal werde ich gefragt: "Was bringt's dir, immer wieder auf den
Camino zu gehen?" Ich könnte darauf auf verschiedenen Ebenen eine je
andere Antwort geben. Für diesen sehr langen Camino drängt sich mir
vor allem eine Antwort auf: "Ich habe dieses Jahr auf dem Camino
wieder gehen gelernt." Das ist für mich ein grosses Geschenk, das sich
nicht einfach so ergeben hat. Ich musste dafür hart trainieren. Darum
habe ich auch das Gefühl, dieses Geschenk verdient zu haben. Heute
kann ich wieder -wenn es sein muss oder ich Lust habe - grosse
Distanzen schnell, locker und ohne zu hinken, zurücklegen. Das
erfüllt mich mit grosser Freude. Eine Selbstverständlichkeit ist es
nicht. Heute war so ein Tag, wo ich aus purer Lust einen grossen Teil
der Etappe sehr zügig zurückgelegt habe. Ich bin denn auch als einer
der ersten im Refugio von Boadilla angekommen. Fast so wie früher.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

49. Durch die Meseta nach Hontanas

Der Entscheid war richtig. Ich habe die Meseta mit allen Sinnen
genossen. Die Hochebene ist in dieser Jahreszeit und bei diesem klaren
Wetter besonders eindrücklich. Ich glaube, dass ich die Mitpilger
vermisst hätte, wenn ich mit dem Bus "ausgeschert" wäre. Die
Vertrautheit der Pilger untereinander nimmt von Tag zu Tag zu. Ab
Burgos haben alle Pilger nur noch ein Ziel: Santiago. So schön!

Dienstag, 26. Oktober 2010

48. BURGOS

Eigentlich wollte ich morgen nach Santo Domingo de Silos fahren, aber
es ist zu weit weg und mit dem öV fast nicht zu erreichen. Dann wollte
ich zwischen Burgos und Léon den Bus nehmen, aber ich schaffe es
nicht. Ich habe ein ungutes Gefühl dabei, denn es gibt eigentlich
keinen trifftigen Grund dies zu tun. Ich glaube, es ist besser, den
Weg zusammen mit den andern Pilgern zu Ende zu gehen. Einen Ruhetag
einschalten mag ich auch nicht. Die wesentlichen Dinge von Burgos
kenne ich. Den Pilger zieht es weiter. Er hat keine Bleibe.

Montag, 25. Oktober 2010

47. Von den Mitpilgern

Es sind mehr Leute in dieser Jahreszeit unterwegs als ich gedacht
habe. Man findet aber problemlos Platz in den Herbergen. In Acés, wo
ich heute übernachte, gibt es 4 Pilgerherbergen, die sich gegenseitig
konkurrenzieren. Obwohl ich immer alleine pilgere und auch sonst nicht
sehr kontakthungrig bin, kennt man mit der Zeit viele der Mitpilger/
innen. Da ist der frisch pensionierte Ingenieuragronom aus Belgien,
der ungefähr schon gleich lang wie ich unterwegs ist... oder der 60-
jährige Deutsche, der seit 4 Jahren (!) auf dem Camino lebt. Im Sommer
arbeitet er als Hospitalero, den Rest des Jahres ist er auf dem Weg,
im Moment mit einer 25-jährigen Japanerin.... oder die Familie aus
Südkorea, für die der Camino eine permanente Überfoderung
bedeutet... oder der 31-jährige aus Ungarn, der mit zwei
Freitagstaschen locker und schnell läuft...oder der arbeitslose
Portugiese, der ohne Geld unterwegs ist und hofft, vielleicht auf dem
Camino eine Arbeit finden zu können... oder Beni, der Amerikaner mit
der Leichtgewichtsausrüstung,den ich seit Montpellier alle paar Tage
wieder zufällig treffe... All diese und weitere Mitpilger wachsen
einem ans Herzen. Der gemeinsame Weg ist viel verbindender als ich
selber manchmal wahrhaben will.

Sonntag, 24. Oktober 2010

46. Müde

Den ganzen Tag gegen heftigen Wind zu laufen, ermüdet. An einem
kleinen Ort vor Villafranca Montes de Oca eine kleine Herberge mit
gutem Essen gefunden. Es ist zwar erst 21.10 Uhr, aber ich gehe jetzt
gerne schlafen. Gute Nacht!

45. Das Hospital San Juan Batista in Grañón

Grañón ist ein kleines Dorf, das ca. 6 km nach Santo Domingo de la
Calzada liegt. Die Herberge befindet sich in der Kirche, in den
angebauten Räumen der Pfarrei. Für die Halbpension wird kein fixer
Preis verlangt. Das Donativoprinzip (freiwillige Spende) wurde hier
sogar noch erweitert. Auf der Innenseite des Deckels der immer offenen
Geldschachtel steht: "Gib was du kannst oder nimm was du brauchst".
Das Ganze scheint bestens zu funktionieren. Der Pfarrer isst abends
immer mit den Pilgern. Es ist eine der wenigen Herbergen, die das
ganze Jahr offen ist. Ein Erlebnis hier sein zu dürfen! Die
Atmosphäre in den alten Mauern ist sehr speziell. Die beiden
Hospitaleras haben nach Nachtessen eine Andacht in der Kirche
angeboten, die von allen Pilgern mitgefeiert wurde. Das Vaterunser
haben wir gleichzeitig in mindestens sechs verschiedenen Sprachen
gebetet. Das sind unvergessliche Momente.

Freitag, 22. Oktober 2010

44. Mit Zwischenhalten nach Nájera

Eine alte Binsenweisheit der Pilger lautet: Jeder hat seinen eigenen
Weg und Rhythmus. Ich gehe in der Regel langsam und mache in jeder
Etappe drei bis vier längere Zwischenhalte. Diese Pausen sind für
mich wichtig und meistens geniesse ich diese sehr. In der freien Natur
an einem schönen Platz zu rasten und etwas Feines zu essen, sind das
Tüpflein auf dem i beim Pilgern. Unerfahrene Pilger machen meist zu
wenige und zu kurze Pausen, weil sie zeitig die Tagesetappe hinter
sich bringen möchten. Zwischenhalte oder Pausen sind keine verlorene
Zeit. Sie sind psychohygieniche Inseln, die man pflegen sollte. Im
Alltag vergesse ich häufig, Pausen zu machen. Eigentlich schade.
Vielleicht ändere ich das in Zukunft. Es würde sich lohnen.

Donnerstag, 21. Oktober 2010

43. In der Hauptstadt von Rioja

Erstaunt hat mich heute, dass die Ernte der typischen Riojatrauben
erst richtig beginnt. Zum Glück für mich. Noch einmal konnte ich mich
von den Früchten der Erde satt essen. Was hat mir die Natur während
meines Weges nicht alles geschenkt! Äpfel, Birnen, Nektarinen, Feigen
und Nüsse. Eigentlich ist alles ein Geschenk. Der Weg, die Menschen,
die für mich da sind... Ja, das ganze Leben ist ein grosses Geschenk.
Dies zu wissen, zu schätzen und dafür dankbar sein, ist für mich
wichtig.
Nachtrag: Kurzbesuch in 6 Restaurants, 8 Tapas gegessen und ebenso
viele Copas de vino getrunken. Es la vida español.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

42. Pilgersegen in Los Arcos

Es ist kühl geworden. Das Leben in den Dörfern ist kaum mehr
spürbar. Gut, dass es wenigstens geheizte Bars gibt, wo man ein oder
zwei Gläser Wein trinken kann. Ich warte bis es acht Uhr ist und ich
den Pilgergottesdienst besuchen kann. Gestern hat der Priester in
Estella die Messe schnell und ohne innere Betiligung hinter sich
gebracht. Es löschte mir ab. So muss man nicht erstaunt sein, wenn
immer weniger Leute in die Kirche gehen. Bin gespannt, wie es heute
ist. Zwei Stunden später. Ganz anders der Gottesdienst in der überaus
üppig mit Gold ausgestatteten Barockkirche in Los Arcos. Der Priester
feierte in Andacht die Messe und gestaltete den Pilgersegen
persönlich. Jeden einzelnen Pilger fragte er nach seinem Wohnort,
sagte ein paar Worte zu ihm, drückte ihm die Hand und gab ihm ein Bild
von Santiago inkl. Pilgergebet mit auf den weiteren Weg.
Auch in der Kirche gibt es halt gute und weniger gute Priester. Ich
nehme mir zuhause das Recht heraus, jene (wenigen) Kirchen
aufzusuchen, wo ich mich aufgehoben fühle. Auf meiner Pilgerreise kann
ich das leider nicht.

Dienstag, 19. Oktober 2010

41. Auf bekannten Wegen nach Estella

Ich sitze alleine in der Bar am Plaza major in Estella. Es ist die
Bar, in der ich vor bald 20 Jahren - im Mai 1991- gesessen habe.
Seither habe ich den Camino francés drei weitere Male gemacht. Eine
stille Wehmut überkommt mich. Wie war doch damals alles anders! Ein
Refugio, das diesen Namen verdient hätte, gab es damals noch nicht.
Ich übernachtete wie ein Verstossener auf dem Boden eines
leerstehenden Hauses ausserhalb der Stadt. Heute gibt es in der Stadt
mindestens vier Anbieter von Pilgerherbergen. Ich habe die Albergue
parroquial ausgwählt, die von einem herzensguten Hospitalero aus
Madrid 14 Tage lang betreut wird. Um 19 Uhr findet eine Pilgermesse
statt und anschliessend gibt's in der Herberge Znacht. Auch ein
Frühstück wird es geben und das alles auf der Basis von Donativo
(freiwillige Gabe). Das sind wahrlich andere, "bessere" Zeiten.
Besonders schön finde ich, dass die Kirche sich heute den Pilgern
annimmt. Und doch denke ich immer wieder ans erste Mal zurück. Es war
diese erste Pilgerreise im 1991, die in mir etwas zum Klingen gebracht
hat, das nie mehr verstummt. Ein wunderbarer Klang.

Montag, 18. Oktober 2010

40. Alleine in Puente la Reina

Nun habe ich die Via Tolosana beendet. Mit Louis und Axel habe ich zum
Abschluss üppig gegessen und getrunken. Jetzt sind die beiden
Franzosen aus Paris mit dem Bus nach Pamplona gefahren. Auch Françine
und Michel fahren nach Hause. Ich sitze alleine in der Beiz und
schlürfe den Rest des Weines hinunter. Gerard, der fünfte Compagnon,
kehrt nach Lion zurück. Mein Weg geht alleine weiter. Wir hatten eine
sehr gute und schöne Zeit miteinander. Der Abschied ist allen schwer
gefallen. Vielleicht kommen Axel und Louis nächstes Jahr in die
Schweiz. In der Pilgerherberge von Puente la Reina sind lauter
unbekannte Leute, die von St. Jean-Pied-de-Port her gekommen sind. Mit
ihnen habe ich (noch?) nichts am Hut und fühle mich hier fehl am
Platz. So schnell ändert sich alles. Ich muss mich zuerst neu finden,
obwohl ich weiss, dass ich morgen nach Estella laufe. Ich bin traurig.
Jetzt aber muss ich ein paar warme Handschuhe kaufen. Es ist merklich
kälter geworden. Man rät mir ab, an die Nordküste zu gehen. On verra.

Sonntag, 17. Oktober 2010

39. Grosse Weiten

Die Ernte ist längst verarbeitet. Die Bauern bereiten den Boden für
die nächste Saison vor. Den ganzen Tag fahren sie mit ihren Traktoren
über die Felder. Zuerst pflügen sie den Boden, dann verkleinern sie
die Erde. Beim dritten Durchgang wird gesät und anschliessend wird der
Boden gewalzt, damit die Saat im Frühjahr aufgehen kann. All diese
Arbeiten konnte ich in den letzten Tagen stundenlang beobachten. Der
Jakobsweg in Navarra führt mitten, manchmal am Rande dieser riesigen
Kornfelder vorbei. Jetzt im Herbst sieht die hügelige Landschaft nicht
so farbenprächtig wie im Frühjahr aus, aber sie wirkt herausgeputzt
und aufgeräumt. Im Hintergrund erkennt man Pamplona. Wahrscheinlich
ist Navarra die Kornkammer Spaniens. Ich liebe diese Landschaft, vor
allem ihre Weite und ich bin mir einmal mehr bewusst, dass ich ein
privilegierter Pilger bin, der einfach so diese Landschaft geniessen
darf.

38. Gegenwind bis Izco

Der Wind bläst heute stark und kalt
Von allen Seiten greift er an
Oft kommt er von vorne
Ich kämpfe gegen ihn
stundenlang und mit aller Kraft.
Dann erinnere ich mich:
Meistens hatte ich in meinem Leben Rückenwind und versöhne mich.

Freitag, 15. Oktober 2010

37. Sangüesa in Navarra

Die letzten Etappen waren landschftlich sehr eindrücklich. Heute habe
ich Aragon verlassen. Beim Betreten von Navarra: grosse Kornfelder so
weit das Auge reicht. Sie haben mich fest an die Landschaft vor Los
Arcos auf dem Camino francés erinnert. Hätte nicht den ganzen Tag ein
starker Wind geblasen, wäre alles perfekt gewesen. Manchmal braucht es
halt nicht viel bis des Pilgers Seele leidet oder ein wenig gekränkt
ist.
Seit Jaca bin ich mit sechs ganz unterschiedlichen Mitpilgern
unterwegs. Da bildet sich rasch so etwas wie eine kleine Familie, wo
man füreinander da ist. Alle - ausser ich - werden in drei Tagen in
Puente La Reina ihren Weg auf der Via tolosana beenden. Im Moment habe
ich vielleicht auch darum keine grosse Lust, den Camino francés ein
weiteres Mal zu machen. Sicher ist ein Ruhetag im Hotel angesagt und
nachher werde ich einen hoffentlich klugen Entscheid fällen.

Donnerstag, 14. Oktober 2010

36. In Ruesta auf der Terasse

Gestern hat uns die Hospitalera aus Mailand einen schönen Text
verteilt, den ich hier festhalten will:
Eines Nachts hatte ich einen Traum:
Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten,
Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben.
Und jedes Mal sah ich zwei Fussspuren im Sand,
meine eigenen und die meines Herrn.

Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen war,
blickte ich zurück. Ich erschrak, als ich entdeckte, dass an vielen
Stellen meines Lebensweges
nur eine Spur zu sehen war.
Und das waren gerade die schwersten Zeiten meines Lebens.

Besorgt fragte ich den Herrn:
"Herr, als ich anfing dir nachzufolgen,
da hast du mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich, dass in schwersten Zeiten
meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen,
als ich dich am meistens brauchte?"

Da antwortete er:
"Mein liebes Kind, ich liebe dich
und werde dich nie allein lassen,
erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast,
da habe ich dich getragen."
Margaret Fishback Powers

Mittwoch, 13. Oktober 2010

35. Der heilige Gral

Ich habe es mir heute nicht nehmen lassen, einen Abstecher ins
Felsenkloster St. Juan de la Peña zu machen. Dieses romanische Kloster
befindet sich hoch oben in den Bergen unter einem Felsvorsprung. In
vielen Geschichten und Legenden soll einst hier der heilige Gral
aufbewahrt worden sein. Noch heute wird in diesem Kloster eine Kopie
des Grals gezeigt. Das Original wurde - wie könnte es anders sein -
gestohlen. Die Menschheit wird noch lange nach ihm suchen. Auch ohne
den Grahl ist dieses Kloster eines der allerschönsten Kloster, das ich
je gesehen habe.
Arrès, der Ort, wo ich heute schlafen werde, ist ein kleines, hübsch
revitalisiertes Dorf (dank den Pilgern!) auf einem Hügel mit
prächtiger Aussicht in die Berge und auf die grossen Ebene des Vale de
Aragon. Wahrlich ein besonders schöner Tag!

Dienstag, 12. Oktober 2010

34. Als Schafhirte in Jaca angekommen

Heute hat mir das Pilgerleben wieder richtig gefallen. Ich bin gut und
lange gelaufen. Unvergesslich werden mir die letzten drei Stunden
bleiben. Eine grosse Schafherde wurde von der Alp auf dem Somport nach
Jaca zurückgebracht. Ich habe diese Schafe begleitet und nach kurzer
Zeit schon betätigte ich mich als veritabler Schafhirt und half mit
die ca. 50 Schafe zusammen zu halten. Erstaunlicherweise konnte ich in
diesen wenigen Stunden eine schöne Beziehung zu den Schafen und zur
Besitzerfamilie aufbauen. Drei Generationen kümmern sich um die Tiere.
Die Besitzerfamilie hatte grosse Freude, dass ein Pilger Anteil an
ihrem Leben nimmt. Beim Abschied sagte der Vater zu mir: "Adios
amigo". Etwas Schöneres hätte er mir nicht sagen können. (Es ist
spät. Die Lichter in der Herberge sind schon gelöscht.)

Montag, 11. Oktober 2010

33. Enttäuschung Somportpass

Eigentlich dachte ich schon, dass auf der französischen oder der
spanischen Seite ein Restaurant offen hat, aber alles liegt da oben
wie ausgestorben im Nebel. Das Refugio auf der spanischen Seite habe
ich nicht gefunden. Also kehrte ich um. Zum Glück war die Gîte auf
der französischen Seite offen. Ein weiterer, mir unbekannter Pilger
ist noch hier. Es braucht einige Zeit, bis man sich in einem
unbewohnten, kalten Haus einigermassen wohl fühlt. Man kann als Pilger
selten in ein gemachtes Nest schlüpfen. Manchmal ist mir das egal,
manchmal aber hätte ich es lieber anders. Zu essen gibt es natürlich
auch nichts Rechtes. Heute würde ich eine warme Mahlzeit sehr
schätzen. Aber, so ist es nun. Punkt.

Sonntag, 10. Oktober 2010

32. Sarrance - Accous

Regen, Nebel und Kälte. Ziemlich bald wurde mir klar, dass ich eine
kürzere Etappe machen werde. In Accous gibt es eine Niederlassung der
Premonstratenser. Dieser Orden ist mir von Conques her bekannt und
sympathisch. Darum benutzte ich die Gelegenheit, nach ca. 12 km bei
den Premonstratensern anzuklopfen. Ich hatte eine bestimmte
Vorstellung im Kopf, wie es in einem Minikloster etwa aussehen könnte,
resp. müsste. Es war ganz anders. Ich kam in ein unordentliches und
lieblos eingerichtetes Haus ohne Ambiance. Weil ich der einzige Gast
war, erhielt ich ein Einzelzimmer, auch ein schäbiges. Der Empfang des
einzigen Premonstratensermönches, der hier lebt, war sehr herzlich.
Den baskischen Priester, der auch hier lebt, habe ich nicht gesehen.
Der Dritte in dieser WG ist ein Gärtner, der für die beiden
geistlichen Herren und die Pilger mehr schlecht als recht kocht. In
der Vesper war ich allein mit dem Mönch. Vielleicht werde ich in der
Laudes auch der einzige Teilnehmer sein. Zuhinterst in diesem Tal
scheint das Missionieren ein schwieriges Pflaster zu sein. Der Mönch
meinte dazu: " Ich setze nur die Samen. Wann die Frucht aufgehen wird,
weiss nur der Herr." Er lebt hier seit 44 Jahren.

Samstag, 9. Oktober 2010

31. Oloron - Sarrance

Die meisten Freunde und Bekannten haben sich sehr kritisch geäussert
als ich ihnen sagte, ich würde während meiner Pilgerreise einen Blog
schreiben, aber niemand hat mich gefragt, wieso ich das mache. Jetzt -
nachdem ich bald zwei Monate unterwegs bin - kann ich sagen, dass das
tägliche Schreibenmüssen, eine sehr gute Übung für mich ist. Ich
kann nicht kneifen und muss mir täglich von Neuem überlegen, über
was ich berichten könnte, ohne dass ich mich wiederhole. Meine kurzen
Beiträge sind natürlich nur ein kleiner Ausschitt meiner Gedanken
und Erlebnisse eines Tages. Seit Arles habe ich immer als Titel die
Etappenorte angeben. Weil eh niemand weiss, wo, was ist, werde ich in
Spanien wieder Titel meinen Posts geben, die zum Inhalt passen. Das
wird ab übermorgen der Fall sein. Morgen beginnt der zweitägige
Aufstieg zum Sumportpass. Ich freue mich sehr auf diesen
geschichtsträchtigen Ort. Nachher bin ich in Spanien. Olé España !

Freitag, 8. Oktober 2010

30. Lescar - Orolons

Ein Engländer, ein Belgier, ein Ehepaar aus Italien und ich sind heute
in der Gîte. Wir waren schon gestern miteinander in der Gîte und es
ist bereits ein Vertrauensverhältnis untereinander entstanden. Heute
Abend hat der Italiener für uns alle gekocht und wir haben lange
gemeinsam gegessen, getrunken und diskutiert. Was an so einem Abend
unter eigentlich wildfremden Menschen geschieht, ist einmalig und
unvergesslich. Für mich ist das Communio im besten Sinn des Wortes.
Ich liebe diese Momente sehr, weil sie zeigen, was Gemeinschaft
bedeuten kann. Das gibt es so nur auf dem Camino! ( es ist zu spät um
mehr zu schreiben.)

Donnerstag, 7. Oktober 2010

29. Morlaás - Pau - Lescar

Heute war Sightseeing angesagt. Sowohl Morlaás und Lescar sind Vororte
von Pau. Mit dem Bus sind es nur 25 Minuten bis ins Zentrum von Pau
und von Pau nach Lescar ebenfalls. Der Abstecher in die Hauptstadt des
Béarn hat sich gelohnt. Pau ist das Tor zu den Pyrenäen und die
Geburtsstadt Henri des IV., den die Franzosen heute noch sehr
verehren. Er soll Frankreich zu einem richtigen Staat gemacht haben.
Die Stadt ist sehr gepflegt und sympathisch. Überhaupt sind im Béarn
praktisch alle Häuser in ausserordentlich guten Zustand, was ich von
den anderen Gegenden, die ich bis jetzt durchwandert habe, nicht sagen
könnte. Hier scheint es den Menschen wirklich gut zu gehen.
Morgen steht mir eine lange Etappe mit einigen Auf- und Abstiegen
bevor. Ich fühle mich gut in Form und freue mich, dass es morgen
weiter g e h t. Zuerst aber gibt's in der Gîte noch Pasta und Wein.

Mittwoch, 6. Oktober 2010

28. Anoye - Morlaàs

Es gibt Zeiten beim Pilgern - wie heute -, wo man vor lauter Freude,
Zufriedenheit und Glück den ganzen Tag singen und jauchzen könnte.
Ich bin dann eins mit mir und der Welt und erfüllt von einer tiefen
Dankbarkeit. Das tönt zwar etwas pathetisch, aber es ist so. Dass ich
das Privileg habe, solange für mich alleine diesen wunderbaren Weg zu
gehen, ist nicht selbstverständlich. Dafür bin ich meiner Frau Zita
sehr dankbar. Sie putzt während ich diese Zeilen schreibe, in unserem
Ferienhaus Schibestei die Fensterscheiben. In jeder der vielen
Herbergen, in denen ich übernachte, denke ich an unsere Herberge in
Rapperswil. Dass unsere Herberge so gut läuft und sich dafür so viele
Menschen engagieren, macht mich sehr dankbar. Dass mein linkes Bein
wieder fast störungsfrei funktioniert, macht mich erst recht dankbar.
Ich könnte noch weitere guten Gründe für meine Dankbarkeit
aufzählen. Fest steht für mich, dass dankbare Menschen glücklicher
sind. Auch dafür ist der Camino wahrscheinlich ein guter Lehrmeister.

Dienstag, 5. Oktober 2010

27. Maubourguet - Anoye

Zwar rede ich normalerweise nicht gerne übers Wetter, aber nach dem
Regentag von gestern war es fast wie ein Wunder, dass heute sich der
Himmel von seiner schönsten Seite gezeigt hat. Bis zum Mittag waren
auch die Schuhe wieder richtig trocken. So schnell kann eine für den
Pilger einschneidende Veränderung erfolgen. Das macht das Pilgern so
spannend. Die guten und die schlechten Tage, die mühseligen und
glücklichen Momente gibt's auch im Alltag, aber bei den Pilgern
erfolgen die Wechsel in viel kürzeren Intervallen. Das führt
wahrscheinlich zu dieser dichteren Intensität des Erlebens, von der so
viele Pilger berichten. Ich kann dies unterschreiben (Ich habe es ja
auch geschrieben).

Montag, 4. Oktober 2010

26. Marciac - Maubourguet

Der Camino ist nicht immer ein Spaziergang, er kann auch grausam hart
werden. Noch gestern schwärmte ich vom schönen Wetter. Heute änderte
es sich. Es hat den ganzen Tag fest geregnet. Das ginge ja noch, aber
wenn zusätzlich noch der Wind mit aller Kraft von vorne bläst, dann
wird es sehr mühsam. Ich bin über drei Stunden gelaufen, bis ich den
ersten geschützten Ort für eine Zwischenverpflegung fand. Allein
schon die nasse Pelerine ab- und dann wieder anziehen, kostet
Überwindung. Längere Pausen machen, konnte ich nicht, weil ich bald
zu frieren begann. Jetzt sitze ich alleine in einem kleinen
ungeheizten Chalet auf dem Campingplatz und überlege mir, was ich
unternehmen könnte, damit meine Schuhe bis morgen trocknen werden.
"Mit Zeitungen ausstopfen", kommt mir plötzlich in den Sinn. Gesagt,
getan. Zeitungen lassen sich ja leicht auftreiben. Ob's nützt, sehe
ich morgen.
Wenn ich den heutigen Tag so dramatisch geschildert habe, dann zeigt
dies, dass ich mich noch nicht an schlechtes Wetter gewöhnt habe.
Draussen regnet es munter weiter. Vielleicht gewöhne ich mich morgen
daran und sonst erinnere ich mich einmal mehr an die Worte der
Heiligen Theresa von Avila: Nada te turbe, todo se pasa (Nichts soll
dich verwirren, alles vergeht).

Sonntag, 3. Oktober 2010

25. Montesquiou - Marciac

Wenn das Wetter etwas sichtig ist, sehe ich seit Tagen die Pyrenäen
vor mir. Sie werden allmählich grösser. Ich bin noch 7-8 Tagesetappen
von Spanien entfernt, habe schon über 1000 km zurückgelegt und
befinde mich im Gers. Das ist jenes Gebiet, wo zigtausende von Enten
mit einem Trichter vollgestopft werden und dann das berühmte Foie gras
hergestellt wird. Hier kommen sich die beiden Wege von Le Puy und von
Arles ziemlich nahe.
Und: Ich fühle mich immer noch pudelwohl. Dazu trägt auch das Wetter
bei. Nur an zwei von ca. 50 Tagen hat es bis jetzt geregnet.

Samstag, 2. Oktober 2010

24. Auch - Montesqui

Nach den Erfahrungen von gestern bin ich heute wieder alleine eine
lange Etappe gepilgert. Wenn ich von langer Etappe spreche, dann meine
ich eine Etappe, die über 30 Kilometer lang ist. Heute will ich mein
Geheimnis preisgeben, wie ich lange Etappen meistere:
1. Ich starte bei Tagesbeginn. Das ist im Oktober um 7.30 Uhr. Ich
stelle mich innerlich darauf ein, dass ich mindestens zehn Stunden
unterwegs sein werde.
2. Je länger die Etappe ist, desto langsamer gehe ich sie an. Ich
nehme mir fest vor, dass ich unter keinen Umständen "uf de Schorre"
ankommen will.
3. Ich verlangsame sofort mein Tempo, wenn sich Ermüdungserscheinungen
zeigen oder mache eine längere Pause. Dies ist besonders nachmittags
ab ca. 15.00 Uhr wichtig.
4. Gegen Abend komme ich so in den Genuss, der untergehenden Sonne
entgegen zu gehen. Das ist für mich besonders reizvoll, kommt mir dann
doch immer wieder der Satz aus meiner Spirituellen Pilgerapotheke in
den Sinn: "Pilger! Was du suchst, trägst du in dir und jeder Schritt,
Santiago und dem Abend entgegen, ist ein weiterer Schritt in die Tiefe
deines eigenen Ichs".
Ja, so ist es. Ich gebe gerne zu, dass Selbstdisziplin und viel
Erfahrung nötig sind, um so zu pilgern zu können, aber es lohnt in
jeder Beziehung.

Freitag, 1. Oktober 2010

23. La Mothe - Auch

Gestern spät ist eine ältere, sehr erfahrene Pilgerin in die Gîte
gekommen. Ich dachte schon, ich sei ganz allein. Heute bin ich mit
dieser Frau nach Auch gelaufen. Warum bin ich heute Abend etwas
unzufrieden und müder als sonst? Wahrscheinlich habe ich wegen ihr
meinen Rhythmus verloren. Das ist weiterhin nicht schlimm, zeigt mir
aber, wie wichtig der eigene Rhythmus ist und wie wenig es braucht,
ihn durcheinander zu bringen. Wahrscheinlich ist es im Alltag ganz
ähnlich. Nur merken wir es weniger, weil es - mindestens bei mir -
fast keinen Alltag mehr gibt. Ein rhythmisches Leben (zum Beispiel mit
gleichbleibenden Ritualen) wäre gleichwohl wichtig, sofern uns das
seelische Gleichgewicht am Herzen liegt.

Donnerstag, 30. September 2010

22. L'Isle d'Jourdan - La Mothe

Wenn ich - wie heute - sehr lange und mutterseelenallein durch die
Landschaften ziehe, werden meine Gespräche mit Gott intensiver und
ich spüre, dass ich eigentlich nie alleine auf dem Weg bin. Zu
erfahren, dass da einer ist, der immer mit mir geht, ist ein schönes
Geschenk, für das ich sehr dankbar bin. Es gibt mir ein
unerschütterliches Vertrauen auf meinem Weg und in meinem Leben.
Dieses Aufgehobensein ist ein zentraler Grund, wieso ich gut und gerne
alleine unterwegs sein kann und es mir dabei nie langweilig wird.

Mittwoch, 29. September 2010

21. Leguevin - L'Isle-Jourdain

Manchmal betrete ich grosse Kirchen am Weg, wo ich mich frage, wie und
wo man in diesen Räumen Gott begegnen könnte. Diese Kirchen sind so
verstaubt und mit so furchtbaren Helgen und Heiligenfiguren aus dem
19. Jahrhundert verstellt, dass man gar keine Lust hat, darin zu
verweilen. Wieso hat niemand den Mut, solche Kirchen radikal zu
entrümpeln? Eine (fast) leere Kirche könnte wenigstens ein Gefühl
der offenen Weite von Gott vermitteln. Das wäre m. E. sehr viel und
völlig genügend. Vielleicht gehen darum heute so viele Menschen auf
den Camino, weil sie in der Natur, in den Landschaften diese offene
Weite Gottes unverstellt erleben können.

Dienstag, 28. September 2010

20. Toulouse - Léguevin

Der Abschied von Zita am Flughafen von Toulouse ist mir nicht leicht
gefallen. Wir verbrachten drei stimmige und wunderschöne Tage in
dieser reichen Stadt. Trotz frisch gewaschenen Kleidern fühlte ich
mich in den Pilgerklamotten nicht mehr wohl. Mit dem Taxi liess ich
mich vom Flughafen nach Pibrac fahren, wo ich bald wieder die rot-
weissen Markierungen des Weges fand. Es war bereits 17 Uhr, als ich
den sieben Kilometer langen Weg nach Léguevin unter die Füsse nahm.
Die zwei Stunden Marsch haben mir gut getan. Ich konnte mich innerlich
nochmals von Zita und allem Luxus verabschieden und mich neu auf das
Pilgerleben einstimmen. In der Gîte habe ich - welch schöner Zufall -
Ekkehart getroffen. Der Norddeutsche, den ich als ersten Pilger in
Arles getroffen habe. Trotzdem: So richtig auf dem Weg bin ich noch
nicht...

Freitag, 24. September 2010

19. Baziège - Toulouse

Zum letzten Mal den ganzen Tag - bis zum Hauptbahnhof von Toulouse -
dem Canal du Midi entlang gelaufen. Je näher man der Grossstadt kommt,
desto mehr kleinere und grössere alte Frachtschiffe liegen am Kanal.
Sie wurden in Wohnboote umgebaut und sind heute stationär. Sehr
selten sieht man fahrende Schiffe. Vielleicht ist es im Sommer anders.
Am Morgen und kurz vor meiner Ankunft hat es zum ersten Mal richtig
heftig geregnet. Während ich in der Beiz schreibe, entlädt sich
wieder ein zünftiges Gewitter. Ungwohnt für mich. Heute waren auch
erste Vorboten des Herbstes zu spüren. Der Regen hat dafür gesorgt,
dass die Platanen erste Blätter loslassen mussten.
Nun ist es Zeit, einige Tage auszuruhen und Toulouse besser kennen zu
lernen. Schön, dass am Sonntag Zita für knapp drei Tage kommt. Wir
werden uns in einem guten Hotel verwöhnen lassen. Ich freue mich sehr.
Wahrscheinlich lasse ich in dieser Zeit auch das Schreiben bleiben.

Donnerstag, 23. September 2010

18. Am Canal du Midi nach Baziège

Weil ich heute und morgen den ganzen Tag an diesem Canal entlang
pilgere, will ich etwas zu seiner Geschichte sagen:
Bekanntlich haben Männer manchmal verrückte und grosse Ideen. König
Louis XIV gab 1666 den Auftrag, einen 240 km langen Kanal zu bauen,
der das Mittelmeer mit dem Atlantik verbinden sollte. Für den Bau
wurden 12'000 Männer eingestellt. Der Kanal ist 20 m breit und 2,25 m
tief. 64 Schleusen und 55 Aquädukte mussten gebaut werden, damit der
Kanal durchgehend mit Schiffen befahrbar wurde. Ein kaum vorstellbarer
Aufwand in einer Zeit, wo man noch keine Baumaschinen hatte. An
gewissen Stellen musste der Kanal sogar bestehende Flüsse queren. Dass
das Geld des Königs nicht reichte, war voraussehbar. Der König starb
vor der Eröffnung. Weil man dringend Geld benötigte, wurden Teile des
Kanals an reiche Familien verkauft. 1838 kaufte der Staat den Kanal
zurück. 1971 wurde er modernisiert. Heute wird er nur noch für
touristische Zwecke genutzt. Vor allem bei den Velofahrer ist er sehr
beliebt. Die Pilger benützen ihn nur um die an sich langen Etappen
abzukürzen.

Mittwoch, 22. September 2010

17. Les Casses - Montferrand

Ein Genuss vom Anfang bis Schluss. Gelandet bin ich bei einer kleinen
Laiengemeinschaft hoch über dem Dorf auf einem Hügel mit prächtiger
Rundumsicht auf die Garonne. Ein sehr fruchtbares, flaches Gebiet. Das
Zimmer ist sehr geräumig und geschmackvoll eingerichet. Wie in einem
guten Hotel! Ja, manchmal werden die Pilger auch verwöhnt.
Daneben steht ein aussergwöhnliches Denkmal, nämlich ein Leuchtturm
aus den Dreissigerjahren des letzten Jahrhunderts. Er hat den Piloten
( u.a. auch für Saint Exupéry), die nachts für die französische
Post nach Afrika und später bis Amerika flogen, den Weg markiert.
Jeder Leuchturm sendete ein anderes Morsezeichen aus. So wussten die
Piloten immer, wo sie sich gerade befanden. Das waren noch Zeiten! Und
heute? Da gehen wenigsten wieder einige Menschen wie im Mittelalter zu
Fuss durch ganz Europa.

Dienstag, 21. September 2010

16. Dourgne - Les Casses

Bis zur Grossstadt Toulouse, die ich in vier Tagen erreichen werde,
kann man statt auf dem GR (gekennzeichneter Weitwanderweg) mehr oder
weniger dem Canal du Midi folgen und so mehrere Kilometer sparen. Das
werde ich natürlich tun. Einen Vorgeschack dessen, was mich erwartet,
habe ich schon heute erfahren. Ab dem Mittag bin ich drei Stunden
entlang einem kleinen Zubringerkanal des Canal du Midi gelaufen. So
schön es anfänglich war dem mäandrierenden Fluss auf einem gekiesten
Strässchen zu folgen, nach zwei Stunden sehnt man sich nach einer
Veränderung. Vielleicht, weil ich heute sehr rasch gelaufen bin und
die Etappe über 30 km lang war. Normalerweise habe ich die
"langweiligen" Etappen ausgesprochen gern. Ich werde morgen wieder
langsamer gehen.
Das Nachtessen in der Gîte Passeur-elle schmeckte heute besonders gut.
Die Franzosen kochen in der Regel einfach hervorragend.

Montag, 20. September 2010

15. Castres - Dourgne

Heiss und fast ausschliesslich geteerte Strassen. Ich bin zügig
marschiert und früh im Fraunkloster Scholastica angekommen. Vom
Kloster ist wenig zu spüren, weil wir in einem Haus ausserhalb der
Klostermauern untergebracht sind. Endlich genug Zeit und ideales
Wetter für eine grosse Wäsche. Das ist zwar nicht spannend, aber
gehört zum Pilgeralltag.
Jetzt sind mehr Pilger unterwegs. Ein Amerikaner aus New York mit
einem sieben Kilo schweren Rucksack, inkl. Zelt. Das soll mal einer
nachmachen. Ein Italiener, der den Weg in Rimini begonnen hat. Seine
Frau und eine Freundin begleiten ihn ab Castres vier Tage. Dann ist
noch eine Mutter mit ihrer Tochter aus Kanada hier. Die beiden mussten
vor fünf Tagen im Freien schlafen, weil sie sich verlaufen hatten.
Selbstverständlich sind auch einige ältere Franzosen da. Diese
Vielfalt an Nationalitäten auf dem Camino ist und bleibt für mich
immer wieder faszinierend. Vielleicht entsteht in den nächsten Tagen
mit diesen Pilgern eine gemeinsame, verbindende Geschichte.
Fortsetzung folgt (wie bisher).

Sonntag, 19. September 2010

14. Ein Heiliger in Castres?

Manchmal trifft man auf dem Camino Menschen, bei denen ich denke, dass
sie die Heiligen unserer Tage sind. Von einem dieser Menschen, den ich
ohne Bedenken heilig sprechen würde, will ich heute erzählen. Wir
sind heute zu Gast bei Dr. Py, einem 84-jährigen Arzt mit 5 Kindern.
Die erste Frau lag 14 Jahre im Koma und die zweite endete in der
psychiatrischen Klinik. Sie verlor den Verstand. Nun lebt dieser Arzt
seit vielen Jahren alleine in seinem grossen Haus mit vielen Zimmern.
Um sein Haus mit Leben zu füllen, nimmt er Pilger auf. Heute waren es
zehn. (Woher alle gekommen sind, kann ich mir nicht erklären, weil wir
in den letzten Tagen praktisch keine angetroffen haben.) Alle Pilger
erhalten ein frisch angezogenes Bett, zwei Handtücher und ein
Frühstück. Und dies alles unentgeltlich. Er hat lediglich eine
Spendenbüchse aufgestellt. Man solle nicht zu viel hineinwerfen, hat
er zu einem Pilger gesagt, denn er habe genug Geld. Daneben betreibt
dieser Arzt eine Internetplattform zum Thema Schwangerschaft und berät
Frauen telefonisch und per Mail ebenfalls unentgeltlich. Bis jetzt hat
er über 14'000 Frauen beraten. Der Mann strahlt eine grosse
Zufriedenheit und Abgeklärtheit aus. Ja, Dr. Py ist für mich ein
grosses Vorbild. Er hat nach einem sicher nicht leichten Leben dem
Alter einen tragenden Sinn gegeben. Er lebt für mich heiligmässig,
weil er sich voll und ganz in den Dienst anderer stellt.

Samstag, 18. September 2010

13. Anglès - Boissezon

Es hat heute zum Tagesbeginn so geregnet, dass wir zum ersten Mal
unsere Pelerinen anzogen. Wir waren damit gut unterwegs. Leute, die
noch nie auf dem Jakobweg waren, können es fast nicht fassen, dass ein
Regentag seinen ganz besonderen Reiz haben kann. Ich bin dann jeweils
viel achtsamer und nehme die Geräusche der Natur besser wahr.
Überhaupt habe ich das Gefühl, dass ich mich immer besser, leichter
und unbeschwerter fühle. Ich bin abends nicht mehr so müde und
beginne das Pilgern intensiver zu geniessen. Dass wir heute in einer
sehr schönen Gîte mit Zweierzimmern untergebracht sind, steigert das
Wohlbefinden noch zusätzlich. Morgen ist der letzte Tag an dem mich
meine Schwester begleitet. Sie war eine zähe und verlässliche
Mitpilgerin, auch wenn sie sich manchmal etwas luxuriösere
Unterkünfte gewünscht hätte. Dankbar annehmen, was der Weg einem
gibt, ist nicht immer so einfach. Wahrscheinlich wollen wir alle
immer wieder etwas mehr. Der Camino ist auch diesbezüglich ein guter
Lehrmeister.

Freitag, 17. September 2010

12. La Salvetat - Anglès

Zum Glück hat es heute nicht geregnet. Nur in den Wäldern war es noch
feucht und kühl vom gestrigen Regen. Obwohl Ursle sich etwas anderes
(besseres) vorgestellt hat, mussten wir schlussendlich froh sein, in
einer kleinen Gemeindegîte unterzukommen. Nicht einmal auswärts essen
konnten wir. Alle Beizen hatten zu.
In der Gîte wurde es eimmal mehr sehr gemütlich. Ein Elsässer, der
seit dem 17. März unterwegs ist (zz. auf dem Heimweg über Arles) war
auch in der Gîte. Ein spannender Rentner, der alles verkauft hat und
dauernd unterwegs ist. "Ein Abend ganz nach deinem Gusto", meinte
Ursula. So unrecht hat sie nicht.

Donnerstag, 16. September 2010

11. Murat - La Salvetat-sur-Agout

Seit mehr als einem Monat bin ich unterwegs und immer bei herrlichstem
Wetter. Heute hat es zum ersten Mal leicht geregnet und auch die
Temperaturen sind nicht mehr so angenehm warm. Die Etappe war seit
lägerem wieder einmal relativ kurz, "nur" 20 km lang. Meistens
bewegten wir uns auf weichen Waldwegen geradeaus. Die Leute in dieser
Gegend scheinen besonders gute Katholiken zu sein. An Weggabelungen
standen auffallend viele kleine Eisenkreuze mit einer Muschel. Ursula
und ich sind heute wieder die eizigen Pilger in der Gîte, die sich in
einem alten, vierstöckigen Steinhaus im Zentrum des Städtchens
befindet. Sie wird nicht besonders gepflegt. Schade. Das Gebäude ist
sehr stattlich. Und es regnet immer noch. . . . .

Mittwoch, 15. September 2010

10. Saint-Gervais - Murat-sur-Vèbre

Wir haben die letzte grosse Etappe über die bewaldeten Hügel des Haut
Languedoc gut geschafft. Jetzt sind wir im Departement Tarn. Die
Gegend ist völlig anders: grosse landwirtschaftliche Flächen und auf
den Feldern weiden Kühe wie in der Schweiz. Von der klimatischen
Veränderung haben wir noch nichts gemerkt. Hier soll das atlantische,
kühlere und wechselhaftere Klima herrschen.
Ursula ist in der einzigen Beiz des Ortes essen gegangen. Ich habe es
vorgezogen, ein Fertigmenü aus der Büchse zu essen. In unserer
heutigen Gîte kann man aus einer Vielzahl von Büchsen auswählen. Es
hat gut geschmeckt.

Dienstag, 14. September 2010

9. Lunès - Saint-Gervais

Gestern haben wir in einer Pilgerherberge geschlafen, welche unsere
Herberge in Rapperswil in allem bei weitem übertrifft. Sie bietet in
schönster Ambiance alles, was man in einem guten Hotel bekommt. Und
dies für 30 Euro, inklusive Halbpension. Die Adresse: Villa Issiates,
Joncels. Wir haben das Verwöhntwerden genossen und sammelten neue
Kräfte für die sehr strenge Etappe von heute.
Hügel, höhere und weniger hohe.
Wald, so weit das Auge reicht: Kastanienwälder, Steineichenwälder,
Buchenwälder, Föhrenwälder, Tannenwälder. Alle Sorten haben wir
heute bis zu Genüge durchwandert, die meiste Zeit aufwärts. Morgen
wird es nochmals eine ähnliche Etappe geben. Wir werden sie mit viel
Respekt angehen.

Montag, 13. September 2010

8. Lodève - Lunas

Auf dem kürzesten Weg, nämlich der Strasse entlang, wäre diese
Etappe 16 km weit. Der Pilgerweg, respektive der GR, ist gut 10 km
länger. Im Führer steht 27.4 km.
Man macht also bei den Tagesetappen in dieser Region grössere Umwege.
Meistens steigt man morgens 500 - 1000 m in die Höhe und gegen abends
geht's wieder runter in ein Dorf im Tal. Das wird mindestens noch zwei
weitere Tage so bleiben, denn wir sind im Haute Laguedoc. Ursula hat
allmählich genug von dieser Plackerei. Sie hat einen zu schweren
Rucksack und hat sich das Pilgern hier anders vorgestellt. Flacher und
kürzere Etappen. Ihre Erkenntnis zu diesen Umwegen:" Die Schätze des
Weges liegen bekanntlich nicht an der grossen Strasse. "

Sonntag, 12. September 2010

7. Saint-Jean de B. - Lodève

Meine Sympathie zum Languedoc wandelt sich allmählich zu einer
Verliebtheit in diese Region. Die Wege sind meistens zauberhaft schön.
Auf der heutigen Etappe sind wir am Vormittag stundenlang im Schatten
dichter Pinienwälder gewandert, immer mit einem speziellen feinen,
frischen Geruch in der Nase. Vielleicht stammte der Geruch von den
blau blühenden Erikastauden Vielleicht aber war es einfach das, was
man mit mediteranen Klima umschreibt. Am Nachmittag begleiteten uns
dann die Steineichenwälder über längere Zeit. Der Boden wurde karger
und nicht selten sind wir über glatte Felsen getippelt. So ist das
Pilgern eine wahre Wonne. Die letzten paar Kilometer auf einer
geteerten Strasse konnten unserer guten Stimmung nichts mehr anhaben.
Dass wir diese Nacht in einem Familienhotel (Hotel du Nord)
verbringen, ist das Tüpflein auf dem i.

Samstag, 11. September 2010

6. Saint-Guilem - Saint-Jean de-la-Blaquière

Wir sind an einem langweiligen Ort mit einer ungepflegten Gîte. Man
hat keine Lust an solchen Orten zu bleiben, aber wir haben keine
Alternative. Trotzdem sind wir dankbar, das Etappenziel auf Umwegen
erreicht zu haben. Wir sind nach einem schönen Aufstieg in der Früh
auf der Passhöhe einem falschen GR gefolgt und sind zwei gute Stunden
weiter aufwärts gegangen, bis wir auf dem Mont St. Baudille ankamen.
Selbst da oben merkten wir noch nicht, dass wir auf dem falschen Weg
waren, weil uns der GR auf der anderen Seite des Berges wieder
hinunter führte. Dabei hätten wir bereits nach der Passhöhe ins
nächste Tal absteigen müssen. Dass zwei andern Pilgern dasselbe
passiert ist, ist etwas tröstlich. Ja, man sollte beim Pilgern nicht
nur den rotweissen Markierungen folgen, sondern auch regelmässig den
Pilgerführer zu Rate ziehen. Ohne schlechtes Gewissen haben wir nach
dem langen und anstrengenden, aber schönen Umweg Autostop gemacht um
ans Tagesziel zu gelangen. Auf dem Mont St. Baudille haben wir
immerhin in der Ferne bereits die Pyrenäen gesehen. Alles in allem:
ein guter Tag mit relativ grossen Höhen und kleinen Tiefpunkten.

Freitag, 10. September 2010

5. Aniane - Saint-Guilhème-le-Désert

Heute konnten wir den Tag sehr geniessen. Die kurze Etappe erlaubte
uns unterwegs die Grotte Clamouse zu besichtigen. Diese Grotte ist
riesengross und die verschiedenen Gesteinsfomationen sind unglaublich
faszinierend. Der Besuch hat sich sehr gelohnt. Nun sind wir in dem
mittelalterlichen Bilderbuchstädtchen Saint-Guilème-Le-Désert mit
der berühmten romanischen Basilika. Auch die Unterkunft ist
dementsprechend: ein altes Steinhaus mit einem romantischen Innenhof,
das von den Karmeliterinnen Saint-Joseph als Gästehaus betrieben wird.
Mehrere Mitpilger, die seit Arles im gleichen Tempo pilgern,
übernachten am gleichen Ort. Es ist immer wieder schön, wenn man
abends Mitpilger trifft und sogar mit ihnen gemeinsam isst und
gemachte Erfahrungen austauschen kann. Das Wetter ist immer noch
sommerlich warm und es sieht so aus, dass es so bleiben wird.

Donnerstag, 9. September 2010

4. Montpellier - Aniane

Heute sind wir besonders schöne Wege in einer wilden, unfruchtbaren
Tundralandschaft gegangen. Es scheint, dass die Wege nach Montpellier
in abgelegendere Regionen führen.
In Aniane hatten wir grössere Probleme mit der Suche nach einer
Unterkunft. Ich wollte per Autostop in die nächste Ortschaft fahren
und Ursle wollte ins teure Hotel in Aniane. Nach längeren Diskussionen
gingen wir doch ins Hotel. In der Zwischenzeit war das letzte Zimmer
vergeben. Mürrisch steckte uns der Hotelier in ein kleines,
schmutziges Personalzimmer. Mir war das mehr als recht. Santiago hat
im letzten Moment für uns gesorgt. Weil es bereits dunkel war, hätten
wir nicht gewusst, wo wir sonst hätten schlafen können.

Mittwoch, 8. September 2010

3. Gallargues - Montpellier

Heute ist einmal mehr ein Engel des Caminos zum richtigen Zeitpunkt
aufgekreuzt um uns wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Weil es
letzte Nacht heftig gestürmt und geregnet hat, waren gewisse Wege
nicht mehr passierbar. Der Umweg über Lunel wurde uns zum Verhängnis.
Wir fanden einfach nicht die D 171, die uns hätte auf den GR bringen
sollen und verloren sehr viel Zeit. Als wir endlich die ungefähre
Richtung gefunden hatten, tauchte plötzlich die Hospitalera von
gestern auf. Sie hat uns gesucht, weil sie vermutete, dass wir den Weg
nicht finden könnten. Welch ein Glück! Wir haben überhaupt nicht an
so etwas gedacht. Der Camino lebt zu einem guten Teil von solchen
Engeln. Sie geben ihm eine Bedeutung, die weit über das alltägliche
Leben hinaus geht.
PS. Die "hysterische" Hospitalera hat diese Bezeichnung von mir
erhalten, weil sie unheimlich schnell umd viel redet. Trotzdem hat sie
sich mit Leib und Seele den Pilgern verschrieben.
In Montpellier sind wir bei der Kirche St. Roque in einem schönen,
aber etwas verlotterten Haus untergebracht.

Dienstag, 7. September 2010

2. St. Gilles - Gallargues

Wir stehen früh auf, weil wir wissen, dass die heutige Etappe 30
Kilometer lang ist. Der Himmel ist dunkelgrau verhangen. Es könnte
jeden Augenblick ein heftiges Gewitter, ja ein Sturm losbrechen. Wir
haben grosses Glück. Es windet zwar den ganzen Tag ziemlich fest, aber
wir erreichen die Herberge in Gallargues völlig trocken. Die Herberge
ist voll und wir haben uns nicht angemeldet. Aus Erfahrung weiss ich,
dass man die Pilger nicht abweist, obwohl es anfänglich so aussieht.
Schlussendlich bringt uns die hysterische Hospitalera in der Turnhalle
unter, die wir ganz alleine in Beschlag nehmen. Für Ursle hat dies den
Vorteil, dass sie ohne schlechtes Gewissen (weiter) schnarchen kann.
Für mich ist es sehr unangenehm, weil ich nicht schlafen kann.

Montag, 6. September 2010

1. Arles - St. Gilles

Eine prächtige erste Etappe nach dem langen Aufenthalt in Arles. Den
ganzen Tag folgen wir einem Seitenarm der Rhône. Topfeben und gute
Wege. So macht Pilgern Freude. In der Pilgerherberge bereitet Ursle
ein feines Birchermüesli zu. Auch einige andere Pilger sind in der
Herberge. Gut so. Die morgige Etappe wird 30 km lang sein, wenn wir
nicht in der Hälfte schlapp machen. Es soll den ganzen Tag regnen,
sagen die Leute vom Dorf.

Sonntag, 5. September 2010

Sonntag in Arles

Die Stadt ist ruhig. Nur wenige Touristen sind mit ihren Fotoapparaten
unterwegs. Sie schlendern langsamer als sonst herum. Um 11 Uhr besuche
ich die Messe in Saint Trophime.
Am Nachmittag steht das Museum Réatu auf dem Programm. Das Museum
befindet sich in einem stattlichen, mittealterlichen Haus an der
Rhóne. Einst gehörte es den Maltesern. Es beherbergt ausschliesslich
moderne Kunst, u. a. die Donation Picasso. Ca. fünfzig Bilder - vor
allem Köpfe -, die Picasso innerhalb eines Monates im Jahre 1971
gemalt hat. Ich habe viel Zeit für die Besichtigung und geniesse vor
allem die Ambiance des Hauses. Um 16.08 Uhr kommt meine Schwester
Ursle an. Sie bringt viele Neuigkeiten von zuhause mit. Das Nachtessen
(ein Salat mit Chèvre chaud und ein Glas Wein) schmeckt
ausgezeichnet. Jetzt freue ich mich sehr auf die Fortsetzung des Weges.

Samstag, 4. September 2010

Arles - Hauptstadt der Camargue

Meine Schwester Ursula wird mich ab Sonntag für zwei Wochen begleiten.
Drei Tage habe ich Zeit, diese wunderbare Stadt zu entdecken und es
gibt vieles, das sich lohnt anzuschauen. Da sind einmal die Überreste
aus der Zeit Caesars: ein grosses, gut erhaltenes Amphitheater, ein
zwetes antikes Theater und grosse Thernen aus der Zeit Konstantins.
Auch eine Krypta aus dem 2. Jahrhundert gibt es zu besichtigen.
Arles ist auch die Stadt Van Gogh. Der. Maler hat hier 18 Monate als
armer Schlucker in seinem bekannt gewordenen Dachzimmer gelebt
(1888/89). In dieser Zeit hat er ca. drehundert bedeutende Bilder
gemalt. Tragischerweise ist kein einziges Bild in der Stadt geblieben.
Die Leute haben seine Bedeutung zu spät erkannt. Dafür gibt es haute
in Arles eine Fondation Van Gogh und ein ihm gwidmetes Museum. Die
Erinnerung an ihn hältl man wach. Überall in der Stadt werden
Ansichtskarten und Poster dieses tragischen Malers angeboten. So! Für
heute habe ich genug Kultur aufgesaugt. Morgen werde ich mir das
Museum mit der Donation Picasso zu Gemüte führen.

Freitag, 3. September 2010

In Arles

Eine wunderbare Stadt mit einer grossen Vergangeheit Hier habe ich in
der Jugendherberge endlich zwei Pilger getroffen. Der Kanadier
pilgert Richtung Rom und der Deutsche macht die Via tolosana. Mit dem
Deutschen, auch ein Wiederholunstäter, bin ich in den Ausgang
gegaangen. Das hat gut getan.

Donnerstag, 2. September 2010

In Avignon

Nachdem ich heute den GR wieder nicht gefunden habe, bin ich kurz
entschlossen nach Avignon gefahren und habe mir einen gemütlichen Tag
gemacht. Ab Arles passiert mir das hoffentlich nicht mehr. Für diesen
Weg werde ich mit den umfassenden Unterlagen ausgrüstet sein. Und
hoffentlich werden dann auch einige andere Pilger unterwegs sein. Ich
ertrage das Alleinsein gut. Trotzdem ist es spannender, wenn auch
andere "Spinner" den gleichen Weg gehen. Der Weg von Gillonay bis
Arles scheint selten begangen zu werden. Die Leute wissen in der
Regel nichts von "ihrem" Jakobsweg. Sie kennen lediglich den Weg von
Le Puy. Ob sich das in Arles merklich ändern wird?

Mittwoch, 1. September 2010

Engel des Weges

Nicht immer sind die einzelnen Wegabschnitte gleich gut beschildert.
Heute jedenfalls bin ich - warum immer auch - vom Weg abgekommen. Weil
ich keine brauchbare Karte bei mir habe, war das Wiederfinden des
Weges ziemlich aussichtslos. Als ich irgendwann auf einer Fahrstrasse
landete, hielt nach kurzer Zeit ein Automobilist. Dieser hatte zwar
keine Ahnung von den GR, aber er fuhr mich so lamge in der Gegend
herum bis wir den Weg wieder gefunden hatten. Ich war für diese Hilfe
unendlich dankbar und sagte ihm, er sei ein Engel des Weges, was ihn
sichtlich rührte. Bei der Verabschiedung bat er mich: "Priez pour moi
à Compostelle." Diese kurze Begegnung brauchte es wohl heute. An
Zufälle glaube ich schon längst nicht mehr. Mein gestecktes Ziel habe
ich heute nicht erreicht. In Bagnois-sur-Cèze ist es ganz nett.

Dienstag, 31. August 2010

Mittagsmenue

Manchmal komme ich fast nicht zum Schreiben, weil das Pilgern und das
Unterkunftsuchen wirklich den Tag gänzlich füllt. Heute bin ich nach
einer 25 km Etappe in Saint-Martin-d'Ardèche in einem billigen Hotel
abgestiegen und habe erstmals auf dem Zimmer gegessen. Apropos Essen
verrate ich gerne mein Lieblingsmenue, das ich häufig unterwegs am
Mittag esse:
Zutaten: ein frisches Parisette un ein knackiger Apfel. Zubereitung:
das Parisettes längs halbieren; den Apfel in Schnitzli zerlegen und
diese auf die eine Brothälfte verteilen; die andere Brothälfte
darüber legen und fertig ist das Apfelsandwich. Mir schmeckt's
wunderbar.

Montag, 30. August 2010

Weiter, immer weiter

Es ist mir heute morgen nicht leicht gefallen weiter zu pilgern. Wir
haben gestern Abend in der grosszügigen Villa von Anni und Olivier
lange und gut gegessen, diskutiert und geschlafen. Erst nach 3-4
Kilometern habe ich meinen Tramp wieder gefunden. Der Weg hat es mir
heute leicht gemacht. Ich konnte stundenlang auf kleinen, überdachten
Wegen durch eine Schlucht pilgern. Romantischere und abenteuerlichere
Wege kann ich mir fast nicht vorstellen. Zwischendurch immer wieder
der kühlende Wind des Mistrals. Am Nachmittag dasselbe. Das muss an
der Gegend liegen. Ardèche ist ihr bekannter Name. Nur das Finden
eines Nachtlagers gestaltete sich anfänglich etwas mühsam. Über
verschiedene glückliche Zufälle verbringe ich diese Nacht bei einer
netten Winzerfamilie (Côte du Rhône), in der Nähe von Saint Montan.
Santiago sorgt (meistens) gut für mich.

Sonntag, 29. August 2010

Wie Gott in Frankreich

Sternstunden sind auch auf dem Camino selten. Und eine spezielle
Eigenschaft haben sie immer: sie treten völlig überraschend auf.
Heute sind mir gleich zwei Sternstunden zugefallen. Die erste kam nach
ca. 10 km Marsch. Wie aus dem Nichts tauchte in St-Vincent-de-Barrès,
ein Bilderbuchdörflein auf einem kleinen Hügel, eine Fressbeiz auf.
Ich setzte mich hin und liess mich -ausnahmsweise an einem Mittag -
herrlich verköstigen. Fühlte mich wie Gott in.... Solch einfachen
Situationen genügen um das Herz eines Pilgers zum Schwelgen zu bringen.
Am Abend versuchte ich in Meyesse zwei Stunden lang vergeblich eine
Unterkunft zu finden. Als ich mich genötigt sehe, weiter zu ziehen und
die ersten Schritte auf der Autostrasse gemacht habe, hält ein Auto
an. Ich werde spontan zum Übernachten eingeladen. Ich kann mein Glück
fasst nicht fassen. Ein Engel ist mir zur rechten Zei erschienen.

Samstag, 28. August 2010

Pilgern - immer wieder anders

Trotz einer fast schlaflosen Nacht im Zelt bin ich gut gelaufen.
Zuerst einige Kilometer der Rhône entlang. Dann gings einmal mehr
über die Berge durch eine karge Landschaft. Mein Etappenziel habe ich
nicht erreicht. Ich hatte nicht mehr Lust, nochmals einen Berg zu
besteigen und habe deshalb bei der Pont des Celliers den nahegelegenen
Campingplatz aufgesucht und logiere nun in einem grossen Campingwagen.
Wenn man ganz alleine unterwegs ist, sind die Etappenziele nicht so
wichtig. Ich will mir ja auch Zeit für den Weg nehmen, obwohl mir die
Strecke bis Arles - ehrlich gesagt - sehr lang vorkommt. Irgendwie
denke ich immer, dass der eigentliche Weg ja erst in Arles für mich
beginnt. Komisch, aber so ticke ich halt im Moment.

Freitag, 27. August 2010

Charmes-sur-Rhône

So heisst der Ort - etwa 10 km südlich von Valence - wo ich für
einmal das Zelt aufgeschlagen habe. Nicht meines. Trotzdem bin ich auf
einem richtigen Campingplatz gelandet. Nach der gestrigen Hotelnacht
schadet ein bisschen Sparen ja nicht. Der Tag verlief ambivalent. Die
Streckenführung und die vielen Teerstrassenkilometer nagen an der
Moral. In Valence wäre ich beinahe in die Stadt gefahren und hätte am
liebsten ein Schiff bestiegen, das mich geruhsam nach Arles bringt.
Vielleicht werde ich morgen meine eigene Route suchen. Ich habe
nämlich das Gefühl, man könnte über weite Strecken direkt der
Rhône entlang laufen und die grossen Umwege des signalisierten Weges
würden einem erspart bleiben. Mal darüber schlafen und mich morgen
genau informieren.

Donnerstag, 26. August 2010

Im Rhônetal

Über den Weg selber habe ich mich bis jetzt kaum geäussert.
Vielleicht darum, weil er bis anhin sehr abwechslungsreich war. Heute
jedoch bin definitiv im Rhônetal angekommen. Den ganzen Tag bin ich
mehr oder stark befahrenen Teerstrassen entlang gelaufen. Links und
rechts grosse Getreide- oder Rebenfelder. Und alles im flachen
Gelände bei brennender Sonne. Man muss schon sehr angefressen sein, zu
Fuss stundenlang durch solche Landschaften zu tschumpeln. Wenn das in
den nächsten Tagen so weiter geht, werde ich ein bisschen "couper le
chemin" machen. Jetzt bin ich froh, in Pont-de-l' Isère ein gutes
Hotel gefunden zu haben. Mindestes das habe ich mir heute redlich
verdient.

Mittwoch, 25. August 2010

Über die Abbaye St. Antoine zum nächsten Kloster

Nach einer strengen aber wunderschönen Etappe bin ich nun bei den
Benediktinern im Kloster in Triors gelandet. Ich kann es kaum fassen,
was mich da erwartet hat. Zuerst staunte ich über die lange Vesper, in
der ausschliesslich in Latein gesungen wurde. Vor dem Nachtessen hat
mir der Abt persönlich die Hände gewaschen. Eine schöne Geste, finde
ich. Das Nachtessen fand in einem grossen, fast vollen Refektorium
statt. Auch hier wieder alles in Latein und die Abläufe streng
ritualisiert und selbstverständlich alles im Schweigen. Dann zeigte
mir der Frère Hotelier die Krypta, wo jeder Pater morgens um 7 Uhr
seine eigene Messe zelebriert. Wie im Mittelalter, aber das Kloster
hat Erfolg und keine Nachwuchssorgen. Scheinbar gebe es in Frankreich
eine Reihe solcher Klöster. Der wiederum ellenlangen Komplet wollte
ich mich trotzdem nicht entziehen.

Dienstag, 24. August 2010

Bei den Zisterzienserinnen von Chambaran

Bin heute lange Srecken in einem verwilderten Wald gelaufen. Die Wege
waren gut ausgeschildert, aber auch verwildert, sodass ich langsam
vorwärts kam. Im letzten Augenblick vor der Vesper bin ich dann in
diesem Kloster an bester Lage angekommen. Mein Eindruck ist - wie
meistens - zwiespältig. Fast immer habe ich etwas zu motzen. Diesmal
hat mich mein lieb- und geschmackloses Gästezimmer "geärgert". Man
könnte mit so wenig ein Zimmer mit Pfiff machen. Morgen werde ich
wahrscheinlich in einem Benediktinerkloster nächtigen, das erst im
1984 gegründet wurde. Bin gespannt.

Montag, 23. August 2010

Auf neuen Wegen

Heute habe ich den mir bestens bekannten Weg in Gillonay verlassen und
bin nun auf dem Weg Richtung Arles. In ca. 14 Tagen werde ich dort
ankommen. Auf diesem Wegabschnitt werde ich wahrscheinlich gar keinen
Pilgern begegnen und des öftern geteerten Strassen entlang laufen
müssen. Bis jetzt ist auch dieser Weg gut signalisiert. Heute bin ich
bis St-Simon-de-Bressieux gekommen. Die Nacht verbringe ich wiederum
in einem Accueil jacquaire. Diesmal ist mein Bleibe ein altes, etwas
herunter gekommenes Winzerhaus mit viel Charme. Wenn immer möglich
bevorzuge ich diese Form der Unterkunft. Man bekommt Einblick in die
verschiedensten Lebenswelten und gleichzeitig wird man für 30 Euro
(das ist der unausgesprochene Richtpreis für Kost und Logis) sehr
verwöhnt. Diese Form von Gastfreundschaft sollte in der Schweiz auch
Schule machen.

Sonntag, 22. August 2010

Wieder heiss!!

Heute hat es mich nicht mehr auf dem falschen Bein erwischt. Ich bin
mit dem Kopf und dem Herzen gelaufen und habe mir fest vorgenommen,
langsam und Schritt für Schritt zu gehen. Also ich nahm mir nur vor,
das zu tun, was seit Jahren in meiner Pilgerapotheke steht. Wie wenig
braucht es doch, die banalsten Pilgerweisheiten über Bord zu werfen.
Heute glich ich einem Musterpilger. Ich hatte für den Weg nach Le
Grand-Lemps zwar ziemlich lange, habe ihn ganz anders erlebt als der
gestrige Tag und war bei der Ankunft noch aufgestellt. Die heutige
Nacht verbringe ich im Kinderzimmer eines lebhaften
Mehrgenerationenhauses, in dem viele Leute ein- und ausgehen. Immer
wieder kommt ein zusätzliches Familienmitglied, das sich vorstellt.
Was für ein Gegesatz zu gestern. Das ist eben ein Teil der Faszination
des Jakobsweges.

Samstag, 21. August 2010

Ein sehr sehr heisser Tag

Obwohl die Etappe bis Les Abrets nur ca. 20 km lang war, habe ich sie
fast nicht geschafft. Die Hitze hat mich fast umgebracht. Wenn das so
weiter geht, muss ich mir etwas einfallen lassen. Ich bin noch nie im
Sommer gepilgert und erfahre jetzt, wie hart dies ist. Ich kann nur
hoffen, dass diese Temperaturen nicht anhalten. Jetzt sitze im Garten
einer 84 - jährigen Landlady, die mich herzlich augenommen hat und
vorzüglicg gekocht hat. Übrigens schreibt diese Dame täglich Mails
an ihre Enkel und surft wie wild im Internet. So ist es schön alt zu
werden.

Freitag, 20. August 2010

In einer speziellen Herberge

Heute hat es beim Aufstieg zum Col du Mont-Tournier immer leicht
geregnet. Mit meiner Ausrüstung steht es dann nicht zum Besten. Im
Sommer geht's ja noch. In nassen, kalten Spätherbsttagen könnte ich
Probleme bekommen. Meine Blase hat sich als harmlos erwiesen, merkte
ich doch heute gar nichts mehr. Jetzt bin ich in einer sehr speziellen
Gîte in Vernay, eine gute Stunde vor Saint Genix. Jean Revel (ein
ehemaliger Priester?) kommt mir vor wie Don Blas in Fuenterobele. Er
hat ein riesiges Haus und baut seit Jahrzehnten in allen Richtungen
an. Viele grossen Räume sind halbfertig eingerichtet und man kann sich
fast nicht vorstellen, wozu er diese Räume braucht. Auch heute ist die
Betonmaschine gekommen. Die Küche soll vergrössert werden. Zum Glück
gibt es solche "Spinner" am Camino. Das macht diesen Weg so einzigartig.
Der Pariser, den ich vor ein paar Tagen getroffen habe und ich sind
die einzigen Pilger. Überhaupt sind nur wenige Pilger unterwegs.
Nichts vom Heiligem Jahr ist zu spüren.

Donnerstag, 19. August 2010

Erste lange Etappe ! ?

Ich geniesse die "langweiligen" Etappen besonders. Heute pilgerte ich
zuerst stundenlang geradeaus der Rhône entlang. Das vermittelt mir das
postive Gefühl der langen Weile, wo das Pilgern zur Meditation wird.
In diesen Zeiten am Morgen einer neuen Etappe pfege ich die
intensivsten Kontakte mit Gott und den Lieben zuhause. Nach 20 km ist
diese Phase spätestens vorbei. Heute waren es bis Yenne gut 30 km. Die
erste so lange Etappe. Alles ist sehr gut gegangen bis ich im
Hotelzimmer des Fer de Chevall die Schuhe und meine Socken ausgezogen
habe. Mich packte das leise Entsetzen. Zum ersten Mal in meiner 20 -
jährigen Pilgergeschichte hat sich an einem Zehen eine grosse Blase
entwickelt. Ein rechter Fetzen Haut hat sich unter dem Zehen neben dem
grossen Zehen gelöst. Womit sollte ich das behandeln, da ich nur die
altmodischen Schollpflaster bei mir habe. Zum Glück konnte mir der
Hotelier einigermassen aushelfen. Morgen werde ich wahrscheinlich
zuerst den Arzt aufsuchen und mich fachmännisch verarzten lassen. Wie
gut wäre es in solchen Momenten wenn Zita dabei wäre. Sie und Ich
würden dann bestimmt kein solches Geschrei machen.

Mittwoch, 18. August 2010

Es geht mir besser

Nachdem ich gestern bei Hugette und Guy Duclos ein vorzügliches
französisches 5-Gangmenue genossen habe und am Morgen ein gleich
reichhaltiges Frühstück gegessen habe, geht es mir viel besser.
Langsam finde ich meinen Rhythmus auch beim Gehen wieder. Bis Motz war
es eine kurze Etappe. Genau richtig für den dritten Tag. Bereits
konnte ich die ersten Zwetschgen am Weg pflücken. In wenigen Wochen
werde ich mich von den Früchten der Erde fast ernähren können.
Mirabellen, Äpfel, Nüsse, Feigen und natürlich Trauben hat es in
dieser Region en masse. Die Region heisst Chautagne und liegt im
Departement Savoyen.

Dienstag, 17. August 2010

2. Etappe ohne Flow

Auch die zweite Etappe hatte es in sich. Das Wetter war gut, aber ich
habe den Laufrhythmus noch nicht gefunden. So möchte ich nicht bis
Santiago pilgern! Ich bin sehr müde. Nach dem Duschen fühle ich mich
jetzt etwas besser. Ich übernachte bei einer netten Familie in
Champagne, ca. 2 km weiter als Frangy. Heute sind zwei andere Pilger
hier. Ein Pariser und eine junge Schweizerin. Unterwegs trifft man
niemand. Bin sehr gespannt auf den morgigen Tag. Vielleicht habe ich
heute unterwegs zu wenig gegessen und getrunken.

Montag, 16. August 2010

Endlich unterwegs

Nein, der Camino hat mich in Genf gar nicht herzlich empfangen. Im
Gegenteil: Er hat mir einen heftigen Wind um die Ohren gehauen und
dann begann es auch noch zu regnen. Gar nicht wenig. Schon am ersten
Tag sind auch meine Vorsätze ins Wasser gefallen. Ich wollte ja mit
mehreren kurzen Etappen beginnen. Daraus ist nichts geworden, weil ich
bis zum Col du Mont Sion laufen musste, weil vorher einfach keine
Übernachtungsmöglichkeit zu finden war. In Mont Sion sah es nicht
viel besser aus. Ich hörte, dass es in Charly (diesen Ort gibt es)
einen Accueil jacquaire gibt. Dann bin ich halt nochmals ca. 7 km
gelaufen. Jetzt sitze ich ganz alleine mitten in diesem kleinen Dorf
und habe ein sauberes Häuschen ganz für mich allein und erst noch
gänzlich ohne Hospitalero. Vielleicht kommt ja noch jemand. Mit dem
Ausgang wird auch nichts. Das Dorf hat weder Laden noch eine Beiz.
Dafür einen kleinen Jakobus in der Kirche und einen Place de St.
Jacques. Ist das nicht auch etwas wert? Für einen Pilger wie mich
schon.

Sonntag, 15. August 2010

Letzter Tag vor der Abreise

Ein weiterer schöner Text von Andrea Schwarz ist mir heute in die
Hände gefallen:
"Eine Verheissung in den Ohren
einen Stern vor Augen
meine Gaben in den Händen
mache ich mich auf den Weg
und weiss nicht wo ich ankommen werde."
. . . aber mit der Hoffnung im Herzen, nochmals in Santiago
anzukommen.

Donnerstag, 12. August 2010

Der Rucksack ist gepackt

Diesmal habe ich besonders sorgfältig und mit der Küchenwage
gepackt. Inklusive Proviant ist mein Rucksack nur 7 kg 600 g schwer.
Da ich als Ausrüstungs- und "Minimalfetischist" bekannt bin, liste ich
hier meine Sachen auf:
1500 g leerer Rucksack
980 g Schlafsack
360 g Ersatzschuhe (Sandalen)
250 g Schirm
400 g Faserfliesjacke
100 g Handtuch
540 g Toilettenartikel
260 g Reiseliteratur
820 g Ersatzwäsche
800 g Ersatzhose und -hemd
400 g Proviant
500 g Wasser
680 g Handy und Fotoapparat
Mit so wenig Gepäck wird das Pilgern angenehm sein. Ich staune immer,
wie schwer die Rucksäcke von anderen Pilgern sind.

Mittwoch, 11. August 2010

Pilgersegen

Du, Gott des Weges, segne uns!

Sei du der Traum, der Sehnsucht zeugt,
sei du die Kraft, die die Entscheidungen trifft,
sei du das Vertrauen, das sich stellt.

Segne den Aufbruch!
Behüte, was ich zurücklasse,
schütze das Neue, das ich wage,
begleite mich beim ersten Schritt.

Segne den Weg!
Gib meinen Füssen Halt,
sei mir Grund,
stärke Geist und Leib.

Segne das Ankommen!
Sei du mein Ziel,
richte meine Schritte auf dich hin aus,
schenk mir den Mut zur Heimkehr in dir.
Du, Gott des Weges, segne uns!
                         (Andrea Schwarz)

Dieses Segensgebet hat mir heute - 5 Tage vor meiner Abreise -  Theo Bächtold geschickt. Ich finde, es ist ein sehr schöner Segen.

Montag, 2. August 2010

Ferien in Griechenland

Noch geniesse ich zusammen mit sieben guten Freunden das Atriumhaus
von Herbert Oberholzer in Koroni, direkt am Meer. Die meiste Zeit
verbringe ich allerdings alleine lesend im Haus. Ich sitze im Atrium
und fühle mich geborgen wie in einem Klosterkreuzgang und schätze die
Ruhe und das Aufgehobensein. Es zieht mich nichts hinaus, vielleicht
weil ich weiss, dass bald eine andere Zeit beginnt, eine Zeit des
Unterwegs- und Fremdseins.

Dienstag, 6. Juli 2010

Wie ein junges Reh gelaufen

Bei grosser Hitze vier Stunden mit meinen Wanderschuhen trainiert.
Nach dem Frust vom letzten Sonntag eine schöne Erfahrung. Wenn ich
alleine und in meinem Rhythmus gehe, scheint das Laufen kein Problem
zu sein. Auf dem Heimweg habe ich sogar richtig Gas gegeben - ganz
ohne Schmerzen. Wow, war das schön! Ich bin richtig glücklich. Wie
sich doch die körperliche Befindlichkeit rasch ändern kann. Jetzt bin
ich mir wieder sicher, dass ich mir den langen Weg nach Santiago
zumuten darf und kann.

Montag, 5. Juli 2010

Mein linkes Bein streikt!

In gut einem Monat will ich unterwegs sein, aber hinkend kann und will
ich nicht losmarschieren. Gestern pilgerte ich nach Einsiedeln. Es war
ein Jammer, denn ich hatte in meinem linken Bein Schmerzen, die mir
sehr zusetzten. Bin ziemlich ratlos, was ich noch dagegen tun könnte.
Die Physiotherapie wirkt zu wenig gut. Vielleicht war es einfach zu
heiss, aber nur daran kann es nicht nur gelegen sein. Ob Massagen
weiterhelfen könnten?

Mittwoch, 16. Juni 2010

Erstes Training

Heute habe ich mit meiner Pilgerausrüstung das erste Mal trainiert.
Nur gut drei Stunden war ich unterwegs Das Pilgerfeeling hat sich
sofort wieder eingestellt. Die Vorfreude auf die lange Reise wächst
und ich bin wieder zuversichtlich geworden, dass es gut gehen wird.
Meine Beine und Füsse bewegen sich wieder gleichmässig und
rhythmisch. Das ist unabdingbar für eine lange Pilgerreise. An der
psychischen "Konstitution" habe ich nie gezweifelt. In genau zwei
Monaten geht's definitiv los. Ultreja!

Mittwoch, 9. Juni 2010

Start in Genf

Eigentlich wollte ich in Rapperswil starten, aber vernünftigerweise
beginne ich in Genf. Sonst wäre ich zu lange unterwegs und käme
möglicherweise in den tiefsten Winter. Die Strecke ist auch so noch
lange genug. Fast 2500 km. Hundert Tage werde ich wahrscheinlich
unterwegs sein.

Sonntag, 6. Juni 2010

Meine Beine

Lange haben mir die Leute gesagt: "Du hinkst." Ich merkte selber, dass
mit meinem Gang etwas nicht mehr stimmte und ich dauernd am linken
Bein leichte Schmerzen hatte. Vor drei Tagen war ich bei einer Ärztin,
die mir helfen konnte. Ich achte nun darauf, dass ich meine linke
Hüfte bewusst einsetze und trage im linken Schuh eine 5 mm dicke
Einlage. Und siehe da, es funktioniert. Nun bin ich zuversichtlicher
für den langen Weg nach Santiago.

Montag, 26. April 2010

Warum nochmals pilgern?

Eigentlich schulde ich über meine Motive niemanden Rechenschaft. Und doch ist die Frage interessant und berechtigt. Die Antwort ist vielschichtig. "Ich pilgere wieder, weil ich immer noch gerne zu Fuss unterwegs bin." Das stimmt zwar, ist aber eine etwas oberflächliche Antwort. "Beim Pilgern erlebe ich mich und die Welt intensiver und lebendiger als im Alltag", liegt schon näher beim Kern meiner Motivation. Wenn ich später von meinem Unterwegssein erzählen werde, wird ab und zu von meinen Beweggründen die Rede sein. Also: Bis später!

Samstag, 24. April 2010

Falsche Zeilenumbrüche

Manchmal macht mein Blog die Zeienumbrüche auf seine Art. Wie es ihm
gerade so passt. Ich will dies korrigieren, aber manchmal spielt einem
halt die Technik einen Streich. Sollte dies weiterhin vorkommen, bitte
ich meine Leser dies zu entschuldigen. Es lässt sich eben nicht alles
im Griff haben - genau so wie beim Pilgern. Natürlich ist dies eine
Binsenwahrheit, aber auch das darf man sich getrost immer wieder vor
Augen führen.

Ausrüstung

Jahrelang bin mit meinem altmodischen und nostalgischen Lederrucksack
gepilgert. Diese Zeiten sind vorbei. Für diese grosse, vielleicht
letzte Pilgerreise habe ich mir einen Hightechrucksack gepostet in dem
ich mehr mitnehmen kann. Ich muss auch für kältere Tage gerüstet
sein. Im Oktober/ November kann es schon recht winterlich kalt sein.
Einen warmen Schlafsack werde ich auch einpacken. Man weiss ja nie.
Was sonst noch eigepackt werden muss sollte ich eigentlich wissen.
Schliesslich habe ich schon dutzendemale den Rucksack gepackt und bin
Richtung Santiago aufgebrochen.

Freitag, 23. April 2010

Disziplin

Für mich wird es am meisten Disziplin brauchen regelmässig, d.h.
täglich einen Eintrag in den Blog zu schreiben. Ich betrachte diese
Aufgabe als spirituelle Übung, die mir gewiss manchmal zu schaffen
geben wird. Ich habe nicht den Ehrgeiz möglichst viel und erst noch
Gescheites zu schreiben, es ist schon gut genug, wenn ich täglich ein
paar Zeilen zu Papier, respektive in mein I-Phone bringe.

Grosser Respekt

Ich bin nicht mehr vierzig. Ich pilgere nicht mehr so leichtfüssig.
Die Operation vor vier Jahren hat Spuren hinterlassen. Darum werde ich mit viel Respekt auf den Weg gehen. Achtsam sein und kürzere Etappen machen lautet die Devise. Ob ich mich immer daran erinnern werde?

Donnerstag, 22. April 2010

Es ist so weit

Der Blog hat seine definitive Form erhalten. Alles funktioniert - ich
hoffe wenigstens es bleibe so. Als nächstes folgt die Vorbereitung und
Planung des Weges. Im Kopf weiss ich wie der ungefähre
Streckenverlauf sein wird.
Start in Rapperswil ca. Mitte August. Zuerst werde ich bis Genf
pilgern. Dann der Rhone nach bis nach Arles. Ab Arles werde ich die
Via tolosana bis Léon pilgern. In Léon verlasse ich den Camino
francés Richtung Oviedo. Auf dem Camino primitivo möchte ich im
Dezember Santiago erreichen. Soweit mein Grobplan. Vielleicht kommt es auch anders....

Form und Inhalt

Allmählich nimmt mein Blog Form an und der Inhalt wird hoffentlich auch demnächst dazu kommen. Ganz sicher ist es noch nicht, ob alles klappt, aber es geht von Stunde zu Stunde besser. Sonst ist im Moment noch nichts zu sagen. Ich werde dann auf meiner Reise genug zu berichten haben. Natürlich hoffe ich, dass einige meine Notizen lesen.

Vom i- phone zum Blog

Das wäre wirklich super wenn das klappen würde. Ich würde einen geistigen Luftsprung machen.

In 4 Monaten geht es los

Zwar geht es noch einige Zeit, bis lospilgern werde, aber ich will mich allmählich auch mit den technischen Seiten des Pilgerns befassen. So beabsichtige ich unterwegs regelmässig meine Tagesnotizen direkt an meinen Blog zu schicken. ob es klappt, kann ich jetzt noch nicht sagen, aber mindestens versuchen will ich es. Natürlich hoffe ich auch, dass einige Freunde und Bekannte meinen Blogg regelmässig lesen. Man kann keine Kommentare anfügen, da ich diese unterwegs sowieso nicht lesen könnte. Man kann mir aber jderzeit ein SMS schreiben: Meine Nummer: 071 510 29 50. Das Telefonieren kommt zu teuer und ist meinerseits nicht erwünscht.